Wolfsburg. Die Einrichtung musste jetzt einen Aufnahmestopp für neue Kunden verhängen. Der Andrang ist groß, das Personal reicht nicht aus.

Die Wolfsburger Tafel, die - ermöglicht durch Spenden - mehrmals pro Woche Nahrungsmittel an Bedürftige ausgibt, ist in Not. Zwar kommen regelmäßig Lebensmittelspenden herein. Das Team an der Kleiststraße 35 braucht aber dringend personelle Unterstützung. Der Andrang an Neukunden ist groß, die ehrenamtlichen Kräfte arbeiten seit geraumer Zeit am Limit. Jetzt musste - zunächst ein vorübergehender - Aufnahmestopp verhängt werden.

Andernorts gibt es mehr ehrenamtliche Helfer

Hans Rühl vom Tafel-Vorstand schildert die Lage: „Es ist kritisch! In unserer reichen Stadt finden sich zwar Geldspender, aber leider nur wenige Ehrenamtliche, die anpacken wollen und können. In Kleinstädten um die 20 000 Einwohner, die wir kennen, finden sich meist über 100 Ehrenamtliche. Hier in Wolfsburg sind wir ungefähr 45! Wir brauchen ganz dringend Unterstützung.“

Den vorläufigen Aufnahmestopp für Neukunden habe man verhängen müssen, weil die personellen Kräfte nicht mehr ausgereicht hätten, um alle neu Hinzukommenden, darunter auch etliche Ukrainer, zu versorgen, schildert der zweite Vorsitzende der Hilfseinrichtung.

Die Wolfsburger Tafel musste einen Aufnahmestopp verhängen. Es fehlt das Personal, um den Andrang zu bewältigen. 
Die Wolfsburger Tafel musste einen Aufnahmestopp verhängen. Es fehlt das Personal, um den Andrang zu bewältigen.  © FMN | Barbara Benstem

Lebensmittel retten und an Bedürftige weitergeben, dies sei das Motto der Tafel, schildert Rühl. „Wir wollen seit langem nicht mehr mit ansehen, dass Lebensmittel in großen Mengen weggeworfen werden, während es immer mehr Menschen gibt, die sie gut gebrauchen können und oft auch auf diese Spenden angewiesen sind.“

Hans Rühl unterstreicht: „Zahlreiche Lebensmittelgeschäfte und Bäckereien machen mit und geben Lebensmittel regelmäßig kostenlos ab. Darüber freuen wir uns sehr und sind sehr dankbar dafür.“ Weil aber die Schlange der Bedürftigen nun immer länger werde, reiche die in Wolfsburg übersichtliche Schar der ehrenamtlichen Helfer nicht mehr aus. Die Arbeit reicht von der Erfassung und Berechtigungsprüfung von Neuankömmlingen über die Abholung von Lebensmitteln bei Geschäften oder Restaurants bis hin zur Ausgabe an die Tafelkunden.

Man freut sich über jede neue helfende Hand

„Jede helfende Hand ist uns sehr willkommen. Es geht ja auch nicht darum, sich jede Woche zu binden, das kann man über Einsatzpläne gut steuern. Wir freuen uns über jeden, der sich das mal anschauen möchte und vielleicht hinterher sogar bei uns einsteigt. Mit dem Tagesbeauftragten kann da auch ein eigener Termin vereinbart werden“, wirbt Hans Rühl für weitere ehrenamtliche Unterstützung der der Tafel. Er appelliert an Wolfsburger, die Lust hätten mitzuarbeiten: „Bitte spenden Sie uns Zeit!“

Zudem habe die Tafel die Möglichkeit, junge Leute im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes in Teilzeit (20 Stunden pro Woche) zu beschäftigen. Mindestalter 18 Jahre. Dabei geht es um die Verrichtung leichter bis mittelschwerer körperlicher Arbeit. Vergütung nach den Vorgaben des Bundesfreiwilligendienstes. Für alle weiteren Auskünfte, Terminvereinbarungen etc. steht das Tafel-Team unter dieser Telefonnummer zur Verfügung: (0 53 61) 2 19 12.

Im Schnitt sind es an die 200 Kunden pro Ausgabetag

Werner Karius, Kassenwart bei der Tafel, schildert: „An manchen Ausgabetagen versorgen wir bis zu 240 Kunden. 200 sind es im Durchschnitt. Für ihre Versorgung brauchen wir dringend mehr Helfer und Helferinnen. Lebensmittelspenden sind zum Glück nicht unser Problem, es fehlen einfach die Leute. Diejenigen, die mitarbeiten, geben alles. - aber man kann auch nicht von Ehrenamtlichen erwarten, dass sie ständig über ihre Grenzen hinaus gehen. Es ist wie in einer Firma, wo die Auftragsbücher randvoll sind, aber die Kapazitätsgrenzen längst erreicht ist.“ Der Aufnahmestopp für neue Kunden sei nichts anderes als ein Notsignal, sagt Karius. „Hoffentlich werden wir gehört.“

Bundesweit gibt es mehr als 900 Tafeln

Mehr als 900 Tafeln für Bedürftige gibt es laut „Tafel Deutschland“ bundesweit. Die Einrichtung versteht sich als sozial-ökologische Bewegung. Es geht zum einen darum, Lebensmittel zu retten und zum anderen armutsbetroffenen Menschen zu helfen. Es geht um Nahrungsmittel, die nicht mehr verkauft werden können. Mehr als 60.000 Helferinnen und Helfer gibt es laut Dachverband bundsweit. Pro Jahr würden so im Land 265.000 Tonnen an Lebensmitteln gerettet und an bis zu 2 Millionen Menschen weiter gegeben - steigende Tendenz.

Verbände warnen vor zunehmender Armut im Land

Sozialverbände warnen vor weiter massiv steigenden Lebensmittelpreisen, zunehmender Armut und immer weiteren Zielgruppen, die die Tafeln in Anspruch nehmen müssen. Mit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges habe der Zulauf weiter zugenommen.