Wolfsburg. Er habe versucht, in einem Bürokomplex Feuer zu legen, als dort noch gearbeitet wurde. Für die Tat soll er Molotow-Cocktails mitgebracht haben.

Eine mysteriöse Brandstiftung am 18. Dezember 2020 im Gebäude der Volkswagen Group-Services an der Braunschweiger Straße in Wolfsburg schrieb Schlagzeilen. An mehreren Stellen gab es im Gebäude Brandherde. Eine Zeugin hatte den Täter in die Flucht und danach Alarm geschlagen, rechtzeitig kamen Feuerwehr und Polizei, um Schlimmeres zu verhindern. Fast auf den Tag genau zwei Jahre nach dem Vorfall soll sich der mutmaßlicher Täter (30) vor der 8. großen Strafkammer des Landgerichts Braunschweig verantworten. Ihm wird schwere Brandstiftung vorgeworfen. Aus der Anklageschrift werden neue Details zur Tatbegehung bekannt.

Mit einem Phantombild wurde nach dem Täter gefahndet.
Mit einem Phantombild wurde nach dem Täter gefahndet. © Polizei Wolfsburg

Die Zeugin konnte der Polizei entscheidende Hinweise geben. Mit Hilfe eines LKA-Zeichners wurde ein Phantombild erstellt. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft genehmigte Mitte Februar 2021 ein Gericht die Öffentlichkeitsfahndung. Doch es dauerte immerhin noch bis Juli 2022, ehe der Angeklagte als Verdächtiger ermittelt werden konnte. Die Polizei sprach in diesem Zusammenhang von „intensiven Ermittlungen“. Bei einer Vernehmung soll der Mann die Tat eingeräumt haben.

Angeklagter soll schuldunfähig sein und wusste wohl nicht, was er da anrichtete

Wie die Polizei anlässlich der Aufklärung des Falls mitteilte, habe der Beschuldigte bei der Befragung durch die Beamten psychische Auffälligkeit gezeigt. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft und durch Beschluss des Amtsgerichts Wolfsburg wurde der Mann damals vorläufig in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. Dort befindet er sich bis zum Prozess, der am 21. Dezember startet. Mit ihrer Anklage verfolgt die Staatsanwaltschaft das Ziel, den 30-Jährigen dauerhaft in ärztlicher Obhut zu verwahren. Es ist nicht ausgeschlossen, dass seine Schuldfähigkeit zur Tatzeit aufgehoben war.

Gemäß der Anklage mixte sich der Angeklagte Molotowcocktails zusammen. Dafür habe er verschiedene Behälter genutzt und diese mit Diesel-Kraftstoff befüllt. Ein Exkurs: Solche relativ einfach herzustellenden Brandbomben sind bei Linksextremisten beliebt, werden aktuell in der Ukraine von Bürgern zur Verteidigung ihres Heimatlandes gegen die russische Armee eingesetzt, sind in Deutschland rechtlich als verbotene Waffe eingestuft. Schon allein die Anleitung zur Herstellung steht unter Strafandrohung.

Der Teppich stand bereits in Flammen

Am Tatabend soll der Angeklagte mit den Flaschen zum Gebäude der Volkswagen Group-Services (ehemals Autovision) gezogen sein. Zu dem Zeitpunkt hielten sich bei der VW-Tochter noch Angestellte bei der Arbeit auf. Zunächst soll der Beschuldigte im Erdgeschoss sowie im ersten Obergeschoss mit Hilfe von Papier und Zellstoff an verschiedenen Stellen Haufen errichtet, diese ebenso wie einen Schreibtisch mit Diesel benetzt und entzündet haben.

In einem Großraumbüro im Erdgeschoss sei der dort verklebte Teppich selbstständig in Brand geraten und durchgebrannt. Dieser Satz hat entscheidende rechtliche Bedeutung: Weil da kein loser Teppich lag, der einfach entfernt werden konnte, sondern der Teppich fest mit dem Gebäude verbaut war, sprechen Juristen von einem wesentlichen Bestandteil des Hauses. Somit habe – rechtlich gesehen – das Gebäude gebrannt. Da sich außerdem Menschen darin aufhielten, soll eine vollendete besonders schwere Brandstiftung vorliegen. Die Strafandrohung für eine solche gemeingefährliche Straftat liegt bei nicht unter einem Jahr bis 15 Jahren Haft.

Drei Prozesstage sind angesetzt

In der Anklage heißt es dazu weiter, durch die sich in größerem Umfang ausbreitenden toxischen Rauchgase habe die konkrete Gefahr von tendenziell lebensgefährlichen Rauchgasvergiftungen der anwesenden Beschäftigten bestanden. Der Beschuldigte habe erst nach Antreffen einer Mitarbeiterin und der durch diese veranlasste Alarmierung von Sicherheitskräften und Polizei von weiteren Taten abgesehen und sei geflüchtet. Durch die Brandstiftungen sei ein Schaden von bis zu 10.000 Euro entstanden.

Der Prozess beginnt am 21. Dezember. Am 22. Dezember wird fortgesetzt, am 4. Januar soll bereits das Urteil verkündet werden.