Wolfsburg. Die Stadt tut sich schwer, Grundstücke für Freiflächen-Solaranlagen zu finden. Ackerflächen kommen für Photovoltaik nur in Ausnahmefällen in Frage.

In Sachen Solaranlagen hat der Umweltausschuss jüngst das ganz große Rad gedreht. Es gab diverse politische Vorstöße zur intensiveren Nutzung von Sonnenenergie. Dabei wurde ganz deutlich: Es geht den Umweltpolitikern entschieden zu langsam voran. Besonders irritierte die Ausschussmitglieder, dass die Stadt aktuell keine einzige Fläche für einen Solarpark im Visier hat!

Jedenfalls keine, auf der in naher Zukunft großflächig Photovoltaik-Module aufgestellt werden könnten, um die Kraft der Sonne zu nutzen. Was angesichts der sich verschärfenden Energiekrise ein wichtiger Baustein wäre.

Umweltausschuss will Freiflächen-Solaranlagen in Wolfsburg

Die Ratsgruppen SPD/Ratsherr Zimmermann und Grüne/FDP Volt hatten den Antrag gestellt, dass die Stadt Wolfsburg prüft, inwieweit sich Freiflächen außerhalb von Bebauungsplänen als Photovoltaik-Flächen eignen. Der Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz und Nachhaltigkeit stimmte geschlossen dafür. Dafür in Frage kommen sollen nur versiegelte oder so genannte Konversionsflächen. Also Grundstücke, die nach anderweitiger vorheriger Nutzung nun nicht mehr bewirtschaftet werden. Typische Beispiele sind Militär- oder Industrie-Brachen, aber auch andere Altlasten-Flächen.

Die Ratspolitiker wiesen auch darauf hin, dass Photovoltaik (PV) nur außerhalb von Naturschutz- und Natura-2000-Gebieten, besonders geschützten Biotopen, Flächen-Naturdenkmalen, Gewässerrandstreifen und Kompensationsflächen in Frage kommt. Und: Primär sollten Grundstücke mit deutlicher Vorbelastung – also mit Altlasten oder hohen Lärmwerten – gecheckt werden, zum Beispiel entlang der Autobahn oder an der Bahnstrecke.

Stadt Wolfsburg hat nur Ex-Mülldeponie in Fallersleben im Visier

In dem Antrag wiesen die Fraktionen auch darauf hin, dass das Land Niedersachsen in seinem Energieszenario von 2016 das Ziel formuliert habe, „landesweit 65.000 Gigawatt Solarenergieleistung zu installieren, wovon etwa 15.000 Gigawatt in Ermangelung von Dach- und sonstigen bereits überbauten Flächen auf Freiflächen installiert werden müssen“.

Die ehemalige Mülldeponie im Barnbruch ist für Freiflächen-Solar im Gespräch. Inzwischen wird auf der Anlage in Fallersleben seit vielen Jahren schon kein neuer Abfall mehr abgeladen. Doch bis die Müllberge vollständig abgedeckt sind, wird es noch einige Jahre dauern.
Die ehemalige Mülldeponie im Barnbruch ist für Freiflächen-Solar im Gespräch. Inzwischen wird auf der Anlage in Fallersleben seit vielen Jahren schon kein neuer Abfall mehr abgeladen. Doch bis die Müllberge vollständig abgedeckt sind, wird es noch einige Jahre dauern. © regios24 | LARS LANDMANN

Doch die Stadt konnte kurzfristig keine einzige passende Fläche ausmachen. Stadtrat Andreas Bauer erklärte im Ausschuss, dass er nur die ehemalige Mülldeponie in Fallersleben potenziell für geeignet hält. Dort geht vor 2027 aber nichts, erst dann werde die Fläche vollständig mit Plane abgedeckt und entsprechend belastbar sein. Daher werde die Stadt entlang von Autobahn und Bahnstrecke „nun nochmal genauer schauen“, versprach Bauer.

Landwirtschaftliche Flächen sind nur sehr bedingt geeignet

Es ist aber auch etwas vertrackt: In der Sitzung wurde ausführlich erörtert, warum landwirtschaftliche Flächen nur sehr bedingt geeignet sind: Sie sind in der Regel viel zu wertvoll als Ackerland, um sie mit Solarmodulen zuzubauen. Umweltdezernent Bauer nannte das Stichwort Bodenpunkte: „Da reduziert sich die Auswahl sehr schnell.“

Allerdings ist es offenbar so, dass es auch in der Wolfsburger Landwirtschaft durchaus Konversionsflächen gäbe. Umweltausschuss-Vorsitzender Marco Meiners (FDP) erklärte zum Hintergrund des Freiflächensolar-Antrags, dass er einen Fall kenne: Der Grundstückseigentümer habe sich an ihn gewandt wegen einer Fläche, die landwirtschaftlich nicht mehr nutzbar sei.

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Stadt hat Photovoltaik-Antrag auf Ackerfläche abgelehnt

Doch die Stadt habe den PV-Antrag abgelehnt; als Grund seinen der Flächennutzungs- und der Bebauungsplan genannt worden. Meiners betonte: „Wir wollen nicht, dass landwirtschaftliche Flächen im großen Stil dafür genutzt werden, aber auf solchen Flächen sehr wohl.“

Dirk Griesemann als Vertreter der Landwirtschaft wies im Ausschuss darauf hin, dass von Ackerflächen zur potenziellen Solar-Nutzung ohnehin gar nicht so viel übrig bleibe, auch aufgrund von Kompensationsmaßnahmen. Er schlug stattdessen vor, Straßenrandflächen zu prüfen, beispielsweise entlang der Braunschweiger Straße.

Wolfsburgs Landwirte büßen für Baugebiete immer mehr Flächen ein

Bei den Ackerflächen kommt der Aspekt des Flächenverbrauchs hinzu: Schon seit Jahren büßt Wolfsburgs Landwirtschaft aufgrund der enormen Bautätigkeit ohnehin immer mehr Flächen ein, insbesondere für Neubaugebiete. Steimker Gärten und Sonnenkamp im Osten der Stadt, Kleekamp in Fallersleben und Krummer Morgen in Heiligendorf – überall dort gingen viele Hektar landwirtschaftlicher Flächen verloren, teils im ganz großen Stil.

Agrar-Ökonom Heiner Kasten aus Waldhof hatte jüngst das Photovoltaik-Dilemma für die Landwirtschaft erklärt, und zwei Wolfsburger Landvolk-Vertreter forderten in puncto Solarparks, dass die Stadt einen Runden Tisch einberuft. Die vielschichtigen Probleme bei der Umsetzung dürften nicht allein an den Landwirten hängenbleiben.