Wolfsburg. Der Stadtkirchengemeinde Wolfsburg fehlt Geld für den Betrieb. Unterschriftenaktionen bringen nichts. Aber es gibt Alternativen.

„Auch Hunderte von Unterschriften würden nichts an der Tatsache ändern, dass das Café Anna im Gemeindehaus am Reislinger Markt zum Jahresende 2022 schließt“, unterstreicht Frank Morgner, Pastor der evangelisch-lutherischen Stadtkirchengemeinde Wolfsburg, mit Vehemenz und fügt hinzu: „Durch solche Aktionen werden nur Hoffnungen geschürt und falsche Erwartungen geweckt. Aber keine Probleme gelöst.“

Denn Fakt ist: Die halbe Stelle, die Diakonin Hiltrud Fellner innehat, wird gestrichen. Die Leiterin des Cafés wird nach 15 Jahren Ende August während des Sommerfestes offiziell in den Ruhestand verabschiedet. „Das sind normale Kürzungen im Budget des Kirchenkreises Wolfsburg-Wittingen. Und diese Sparmaßnahme kommt auch nicht überraschend“, sagt Morgner. Aus Sicht des Kirchenvorstandes seien aber zwei hauptamtliche halbe Stellen notwendig, „um das Café zu organisieren, zu strukturieren und die Ehrenamtlichen zu begleiten“.

Die Wolfsburger Stadtkirchengemeinde ist nicht alleine mit ihren Sorgen

„Eine Person alleine – auch wenn sie so erfahren ist wie Café-Gründerin Ruth Thormeier – wäre damit alleine überfordert“, findet auch Edith Böke, stellvertretende Kirchenvorstandsvorsitzende. So wie der Stadtkirchengemeinde geht es vielen Gemeinden der Landeskirche Hannovers: Immer weniger Gemeindemitglieder führen zu immer weniger Kirchensteuererträgen. Die Defizite der Landeskirche betrugen nach eigenen Angaben von 2003 bis 2010 in der Gesamtsumme über 300 Millionen Euro. Zählte die Stadtkirchengemeinde im Jahr ihrer Fusion 2006 noch mehr als 7000 sind es heute nur noch gut 4300 Mitglieder. Was laut Morgner nicht nur den Austritten, sondern vor allem auch dem demografischen Wandel geschuldet ist.

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Zurück zum Café: Seit 1999 war die Einrichtung für den Stadtteil „ein offener Ort für Begegnung und Gespräche bei Kaffee und Kuchen, aber auch Anlaufstelle und Zuflucht“. So sieht es auch Erich Schubert, der Ortsbürgermeister der Stadtmitte: „Das Café Anna ist für den Bereich Reislinger Markt und darüber hinaus eine sehr wichtige Institution.“

Der Betrieb des Café Anna rechnet sich nicht

Aber schon immer war der Betrieb defizitär. „Das Café hat sich durch die erwirtschafteten Beträge nicht selbst getragen. Künftig würden nicht nur die Gelder für den Betrieb, sondern auch für die Unterhaltung des Gebäudes fehlen“, weiß Frank Morgner. In der Folge müsste die Gemeinde sämtliche Personal- und Betriebskosten komplett auf Spendenbasis finanzieren. Der Pastor sagt: „Das ist jedoch außerhalb jeder Vorstellung.“

Schubert und seine Vize Uwe Conradt haben sich jetzt vor Ort ein Bild über den Sachstand gemacht. „Noch in den nächsten Tagen wollen wir ein weiteres Gespräch unter Einbeziehung der Stadtverwaltung führen, um die Situation weiter zu erörtern“, teilt Schubert mit. Denn Ideen für eine Nachnutzung des Gebäudes gibt es seitens der Gemeinde: Eine Variante könnte sein, mit verschiedenen Trägern ein kirchliches Jugendzentrum zu etablieren. Die laufenden Gespräche mit Kooperationspartnern seien aber bis dato ohne Ergebnis, so Morgner.

Das Angebot im Wolfsburger Haus der Kirche soll ausgebaut werden

Zudem möchte die Gemeinde ihr Angebot im Haus der Kirche an der Friedrich-Ebert-Straße ausweiten: Hier findet jeden Dienstag ein Mittagstisch im Gemeindesaal statt, künftig könnte Sonntagnachmittag Kaffee und Kuchen angeboten werden. „Einige Mitarbeitende aus dem Café Anna haben bereits ihre Bereitschaft signalisiert, künftig auch im Haus der Kirche ehrenamtlich tätig zu werden und neue Angebote zu entwickeln“, freut sich Böke.