Fallersleben. Die 417. Auflage von Wolfsburgs ältester Veranstaltung fällt wegen Corona aus. Eine Umfrage unter Akteuren.

Was wäre, wenn ­– jetzt nicht grad Corona wär’? Dann würde in einer Woche das traditionsreichste Fest in ganz Wolfsburg starten: das 417. Volks- und Schützenfest in Fallersleben vom 18. bis 21. Juni. Dann wären jetzt schon die Königsscheiben vorgestellt, wäre das Kinderkönigsschießen in vollem Gange, liefe der Kartenvorverkauf für die drei großen Zeltveranstaltungen auf Hochtouren, hätte die Arbeitsgruppe Schützenfest ihr Programm bereits vorgestellt, und, und, und… Eine Umfrage unter Schützenfest-Akteuren, in der viel Wehmut mitschwingt.

Arbeitsgruppe Schützenfest

„Ich hatte ins Spiel gebracht, dass die Bürger Flaggen hissen, um daran zu erinnern, dass nächste Woche eigentlich Schützenfest in Fallersleben wär’“, berichtet Ortsratsmitglied Eckhard Krebs, Leiter der Arbeitsgruppe Schützenfest, die die von der Stadt ausgerichtete viertägige Veranstaltung organisiert. Er wolle die AG-Mitglieder deswegen kurzfristig noch anschreiben.

„Es waren alle verunsichert“, erinnert er an die ungewissen Wochen ab Mitte März, als die Veranstalter abwägen mussten, ob man es riskieren könnte, auf eine Entspannung der Situation bis Juni zu warten.

„Ich werde mich auf jeden Fall nicht an die Spitze einer Bewegung stellen, die gegen die Regeln verstößt“, erteilt er eventuellen symbolischen öffentlichen Zusammenkünften eine klare Absage. „Ein Treffen mit bis zu 250 Personen im Freien mit Sitzplätzen und Registrierung – das wäre schwierig und passt für mich nicht zum Charakter unseres Volks- und Schützenfests.“

Ortsbürgermeisterin und dreifache Ex-Majestät

„Ich bin von ganz vielen Menschen angesprochen worden, warum das Volks- und Schützenfest 2020 nicht stattfindet. Die Leute sind richtig traurig“, erzählt Ortsbürgermeisterin Bärbel Weist, die einst als erste Frau Bürgerschützenkönigin wurde und insgesamt bereits dreimal war. „Ich bin von Kindsbeinen an immer dabeigewesen, die ganze Familie war eingebunden. Das war immer ein ganz wichtiger Bestandteil des Lebens.“

Die seit gut 30 Jahren amtierende Ortsbürgermeisterin betont, dass es zur Entscheidung der Fest-Absage keine Alternative gibt. „Wenn es nicht stattfinden kann, dann findet’s nicht statt“, hält sie auch nichts vom privaten Aufhängen der Fallersleber Fahne. Allerdings schöpft sie auch Hoffnung daraus, dass viele das Fest in diesem Jahr vermissen: „Es ist etwas Schönes, was wir uns erhalten wollen. Das ist ein neuer Antrieb zum Weitermachen.“

Bürgerschützenkönig

„Ich habe meinem Kabinett schon gesagt, dass wir bestimmt mal ein Bierchen zusammen trinken werden“, verrät Schützenkönig Detlev Moser, dessen Amtszeit sich durch die Corona-Pandemie um ein Jahr

Bürgerschützenkönig Detlev Moser (mit Krone) und sein Gefolge bleiben wegen des Schützenfest-Ausfalls bis 2021 im Amt, erst dann soll ein neuer König proklamiert werden.
Bürgerschützenkönig Detlev Moser (mit Krone) und sein Gefolge bleiben wegen des Schützenfest-Ausfalls bis 2021 im Amt, erst dann soll ein neuer König proklamiert werden. © regios24 (Archiv) | Anja Weber

verlängert. Normalerweise wäre am Vorabend des Schützenfest-Auftakts Königsbier-Anstich im Alten Brauhaus mit König, Ministern und vielen Ex-Majestäten. Doch das spezielle Bier ist dieses Jahr gar nicht angesetzt worden.

Auch das offizielle Königseiche-Pflanzen auf der Königschaussee nördlich des Mittellandkanals steht noch aus – obwohl die Stadt das junge Bäumchen schon platziert hat. „Wenn es weitere Lockerungen gibt, können wir das vielleicht nach dem Werksurlaub machen“, hofft Detlev Moser. Und auch das Königsangeln steht noch aus. Ebenso wie das Bemalen der Königsscheiben, die der König in diesen Tagen bereits vorgestellt hätte.

„Das neue Jahr begann – und dann ging’s auch schon bergab“, nimmt der König in Verlängerung die Sache mit Galgenhumor. „Auf jeden Fall werde ich meine Flagge raushängen. Die muss ja vier Tage im Jahr hängen.“

Uniformiertes Schützenkorps

Traditionell tritt das USK mit Oberst Klaus Bosenius zum Fahnenhissen am Schloss mit Ortsbürgermeisterin Bärbel Weist an.
Traditionell tritt das USK mit Oberst Klaus Bosenius zum Fahnenhissen am Schloss mit Ortsbürgermeisterin Bärbel Weist an. © regios24 (Archiv) | LARS LANDMANN

„Am kommenden Wochenende hätten wir vom Vorstand normalerweise unser Ehemaligen-Treffen“, erzählt USK-Oberst Klaus Bosenius. „Aber das ist ja leider nicht möglich.“ Ebensowenig wie das vom USK ausgerichtete Kinderkönigsschießen. Und auch das traditionsreiche Königsgewehr, mit dem der Bürgerkönig ausgeschossen wird, bleibt dieses Jahr unter Verschluss.

Immerhin: „Wir wollen wie einige andere Anwohner auf unseren Grundstücken Am Neuen Tor Flaggen hissen und ein paar Fähnchen raushängen“, kündigt Bosenius an. „Das werden sicher auch einige andere machen. Wenn jeder für sich etwas macht, ist das okay – wir können ja leider nichts Offizielles machen.“

Waldmenschen

Die Waldmenschen sorgen traditionell dafür, dass die Straßen der Fallersleber Altstadt zum Fest frisch geschmückt sind. Früh am Morgen des Eröffnungstages fährt die Freiwilligen-Truppe in den Barnbruch, um junges Birkengrün zu schlagen. Das wird dann vor den Häusern verteilt, damit die Bewohner und Geschäftsleute die jungen Bäumchen als Schmuck aufstellen. Nach getaner Arbeit ist stets Frühstück mit dem Schützenkönig.

„Es wird von uns in diesem Jahr natürlich kein frisches Birkengrün geben können“, bedauert Waldmenschen-Präsident Jörg Moser. Um sich zumindest wieder einmal zu sehen, plant die Truppe, sich am 20. Juni privat zu treffen – „mit viel Abstand zu einem kleinen Frühstück in einem ausreichend großen Garten“, verrät Moser. Auch die Speerträger wollen die Waldmenschen an dem Tag treffen.

Speerträger

Es gibt zwar 2020 kein Volks- und Schützenfest. Aber das hat den Ex-Speerträger Wilfried Esche nicht daran gehindert, für die traditionelle Junggesellen-Truppe einen aktuellen Button zu gestalten. Wie

Die Fallersleber Speerträger mit Anführer Marcel Ewald (vorne rechts) und Ortsratsbegleiter Jörg Moser (links).
Die Fallersleber Speerträger mit Anführer Marcel Ewald (vorne rechts) und Ortsratsbegleiter Jörg Moser (links). © Archiv | privat

gewohnt mit Zylinder, Fliege und Schärpe, aber zusätzlich mit Gesichtsmaske in den Fallersleber Farben, hat Esche darauf einen Speerträger passend in Szene gesetzt. Garniert mit Absage-Schild, Corona-Bier und der Devise: „Wir halten durch bis nächstes Jahr!“

Was aber nicht heißt, dass die ehrenamtlich engagierten Speerträger dieses Jahr nicht aktiv werden. „Unser Besuch der Geschäfte wie sonst am Schützenfest-Samstag ist ja leider nicht möglich“, bedauert Anführer Marcel Ewald. Auf ihrer Facebook-Seite weisen sie darauf hin, dass alle Speerträger-Fans den Button kaufen können. „Wir bieten trotz Ausfall auch in diesem Jahr den allseits beliebten Speerträgerbutton an, und so haben alle Fallersleber Volks- und Schützenfestfreunde immer eine Erinnerung an das erste ausgefallene Fest seit dem Zweiten Weltkrieg!“, schreibt Speerträger-Anführer Ewald. Sie können per Telefon, Mail oder Facebook bei ihm bestellt werden.

Damit nicht genug: „Wir werden am Samstag, 20. Juni, von 9 bis 12 Uhr auf dem Fallersleber Wochenmarkt sein und die restlichen Buttons verkaufen“, kündigt Ewald an. 200 Stück wurden produziert, die Hälfte ist schon weg. Der Erlös wird wieder gespendet.

Weitere Informationen zum Fallersleber Volks- und Schützenfest:

https://www.facebook.com/Volks.und.Schuetzenfest.Fallersleben/

http://www.usk-fallersleben.de/de/

www.facebook.com/Fallersleber.Speertraeger/

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