Wolfenbüttel. Das Museum Wolfenbüttel erhält die Kleidungsstücke aus dem Modeatelier Ruth Zimmermann. Sogar nach Paris wurde die Mode seinerzeit verkauft.

Das Museum Wolfenbüttel freut sich laut einer Mitteilung über besondere Neuzugänge in der stadtgeschichtlichen Sammlung. Gabriele Schrader, die in den 1960er-Jahren bei der Kleidermacherin Ruth Zimmermann ihre Ausbildung als Schneiderin absolvierte, schenkte dem Bürger-Museum bei einem Besuch drei besondere Modestücke aus der „Kleidermacherei“ – so lautete der Schriftzug an der Eingangstür des Ateliers. Ausgestellt sind die besonderen Stücke bis zum 19. März im Bürger-Archiv des Bürger-Museums.

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Der Mitteilung zufolge hatte Claudia Hagemann am 27. Oktober 2021 bereits im Rahmen der Veranstaltungsreihe „FrauenORTE Niedersachsen, Henriette Schrader-Breymann“ auf der Empore des Bürger-Museums einen gutbesuchten, lebhaften Vortrag über die Kleidermacherin Ruth Zimmermann gehalten: „Die Kunst, mit Nadel und Faden umzugehen und Menschen individuell zu kleiden, fasziniert mich, und ich habe große Hochachtung davor. Ich wünsche mir, dass dieses Handwerk erneut mehr Wertschätzung erfährt und die Qualität und Nachhaltigkeit eines Kleidungsstückes wieder eine größere Rolle spielen“, so Claudia Hagemann.

Ein Einblick in die „Kleidermacherei“, in der Ruth Zimmermann und ihre Schneiderinnen wirkten.
Ein Einblick in die „Kleidermacherei“, in der Ruth Zimmermann und ihre Schneiderinnen wirkten. © Bürgermuseum

Sogar Anfragen aus der Modehauptstadt Paris erreichten die Kleidermacherin

Im Jahr 1950 präsentierte Ruth Zimmermann in ihrem Atelier – im Dachgeschoss des heutigen Standesamtes – am Wolfenbütteler Stadtmarkt 15 ihre neuesten Entwürfe, heißt es in der Mitteilung. Im Zimmermannschen Haus wurden Brautkleider, Festtagsroben für die Brautmütter und Tageskleider entworfen und gefertigt. Ihre Arbeit stand für eine individuelle Schneiderkunst in einer Zeit, in der es Konfektionierung und Massenproduktion noch nicht gab. Sogar Anfragen aus der Modehauptstadt Paris erreichten die Kleidermacherin. Die Modeschauen fanden im hauseigenen Festsaal statt. Von ihren bis zu 14 Mitarbeiterinnen ließ sich die Wolfenbütteler Modeschöpferin dem Museum zufolge mit etwas respektvollem Unterton „Meister“ rufen.

Sieglinde Eberhard, die ebenfalls bei Zimmermann Auszubildende war, und Gabriele Schrader erzählten freudig über den abwechslungsreichen Beruf, über den Arbeitsalltag in der „Kleidermacherei“ und sparten dabei nicht mit spannenden Anekdoten. Zu dem grünen Kostüm, inklusive des Wickelrocks, verriet Gabriele Schrader eine davon: Dieses von ihr selbst geschneiderte Kostüm trug sie zum Anlass ihrer standesamtlichen Trauung. Als Vorbild diente dafür ein blaues Kostüm von ihrer Meisterin Ruth Zimmermann, das bis auf die Farbe identisch war. Lustigerweise erschien die „Meisterin“ auf dem Polterabend von Gabi Schrader ausgerechnet in dem besagten blauen Kostüm, sodass allen Gästen sofort klar war, wie gut die Auszubildende das Handwerk des Schneiderns beherrschte.

Das Zimmermannsche Haus am Stadtmarkt in Wolfenbüttel.
Das Zimmermannsche Haus am Stadtmarkt in Wolfenbüttel. © Bürgermuseum

Ruth Zimmermann war eng mit dem Stadt- und Kreisheimatmuseum verbunden

Nun schenkte Gabriele Schrader dem Wolfenbütteler Museum dieses und zwei weitere Kleidungsstücke aus dem Modeatelier Zimmermann: ein rotes Kleid, das ihr anlässlich ihrer bestandenen Gesellenprüfung Ruth Zimmermann persönlich schenkte, und ihr Hochzeitskleid, das aus Bouretteseide gefertigt wurde: „Als Vorbild diente damals ein französisches Kleid aus einer Modezeitschrift“, schwärmt Schrader.

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Bereits zu Lebzeiten waren Ruth Zimmermann und ihre zwei Schwestern Eleonore und Elisabeth als Erbinnen ihres Großvaters durch großzügige Schenkungen eng mit dem damaligen Wolfenbütteler Stadt- und Kreisheimatmuseum verbunden. Immer wieder bereicherten sie die Sammlung mit wertvollen Ausstattungsstücken wie Möbel, Gemälde oder Porzellan. Im Jahr 1991 setzten die Geschwister in ihrem Testament das Museum Wolfenbüttel als Haupterbe ein, sodass mit ihrer Unterstützung das heutige Bürger-Museum entstehen konnte.