Berlin. Schach als reiner Denksport: Allein mit der Kraft seiner Gedanken steuerte der Berliner Student und Schach-Profi Martin Krämer die Figuren in Echtzeit über ein virtuelles Spielbrett - ohne einen Finger zu rühren.

Die neue lernfähige Technologie, ein sogenanntes Brain-Computer-Interface, brauchte nur zehn Minuten, um sich auf das Elektroenzephalogramm (EEG) des Spielers einzustellen. Anders als bisherige Verfahren funktioniert diese Hirn-Computer-Schnittstelle von der Technischen Universität Berlin nicht über Bewegungsvorstellungen, sondern über visuelle Aufmerksamkeit: Der Schachspieler blickt konzentriert auf die entsprechenden Felder.

Die Forschungsgruppe um Prof. Klaus-Robert Müller und Michael Tangermann entwickelte die Technik im Rahmen des EU-finanzierten TOBI-Projekts. «Die Hirnaktivität wird dabei zum Steuerungselement», erläuterte Tangermann. Bislang handele es sich zwar um Grundlagenforschung, betonte er, aber grundsätzlich sei ein solches Verfahren auch einsetzbar, um völlig bewegungsunfähigen Locked-In-Patienten eine Kommunikationsmöglichkeit zu verschaffen.

«Das heute vorgestellte Verfahren funktioniert über visuelle Aufmerksamkeit. Es ist aber genauso möglich, eine auf spezielle Töne gerichtete auditorische Aufmerksamkeit zu nutzen», erläuterte Tangermann der Nachrichtenagentur dpa. Bestimmte Töne würden dabei an Inhalte gekoppelt, so dass auch Patienten, die ihre Augen nicht mehr öffnen und steuern könnten, Reaktionsmöglichkeiten erhielten.

In einzelnen klinischen Studien wird das Verfahren bereits von Patienten mit Lähmungen oder unzureichender Muskelkontrolle getestet: Dazu gehört die gedankengesteuerte Nutzung von Webbrowser, Online-Fotobuch, sozialem Netzwerk oder Media-Player. Interessierte können die beeindruckende Technologie am 2. Juni während der Langen Nacht der Wissenschaften ab 20 Uhr im TU Hauptgebäude ab 20 Uhr als Vorführung erleben. (dpa)

TU Berlin PM