Berlin. Der Signa-Konzern ist in der Krise. Jetzt kommt es auf die Kunden an. Wie sie sich nun verhalten können, um die Kaufhäuser zu retten.

Hertie, Horten, Kaufhof, Galeria – die Geschichte der deutschen Warenhäuser ist eine Geschichte des schnellen Aufstiegs nach den Entbehrungen des Krieges und des schleichenden Abstiegs in den vergangenen Jahren. Sie waren die Tempel des Konsums und sorgten für Leben in den Innenstädten und ihre Anziehungskraft brachte Umsätze in ganze Quartiere.

Ihr Niedergang vollzog sich quälend und begleitet von größter Anteilnahme durch Politik und Öffentlichkeit. Niemandem ist ein Kaufhaus egal. Mit jedem der vielen Warenhäuser, die in Deutschland schließen mussten, starb ein Stück Lebensqualität. Generationen von Kindern standen staunend in den Spielzeugabteilungen und wurde später zu treuen Käufern. Die Umsätze waren märchenhaft und die Jacht von Heidi Horten war lange Zeit die größte im Paradies der Milliardäre zwischen Nizza und St. Tropez.

Nein, René Benko: Die Geheimformel für die Kaufhäuser gibt es nicht

Jetzt erreicht die Kaufhauskrise einen neuen Höhepunkt. René Benko schien eine Geheimformel für die Häuser gefunden zu haben. Aber diese Formel gibt es nicht. Der Markt hat eiserne Gesetze, die man auch mit Kühnheit nicht aushebeln kann. Wenn der Umsatz schrumpft und der Gewinn die Zinsen, Mieten und Löhne nicht decken kann, ist Schluss.

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Hohe Immobilienwerte können das Geschäft verlängern, aber niemals retten. Die Krise der Warenhäuser geht tiefer und es ist nicht allein Benkos Schuld, das weitere in größter Not sind. Die einzige Überlebensgarantie des Kaufhauses sind Konsum und attraktive Erreichbarkeit. Beides hat sich disruptiv verändert und das wirft die Frage auf: Hat das Kaufhaus überhaupt noch eine Chance?

Kommentarfoto Jörg Quoos
Kommentarfoto Jörg Quoos © Dirk Bruniecki | Dirk Bruniecki

Galeria Karstadt Kaufhof: Onlineshopping ist verführerisch und brutal zugleich

Wer das ganze Jahr über vom Verlängerungskabel bis zum Wintermantel alles im Internet bestellt, darf nicht beklagen, dass „sein“ Kaufhaus stirbt. Ja, Onlineshopping ist verführerisch, aber auch brutal. Schon lange berichtet Verkaufspersonal verzweifelt von Kundinnen und Kunden, die das Kaufhaus mit einem Showroom verwechseln, Ware prüfen, Beratung suchen und beim Kauf im Netz später ein paar Euro sparen.

Dass das Geschäft so nicht funktionieren kann, darf niemanden wundern. Wer gute Kaufhäuser weiter haben will, muss sein Kaufverhalten ändern, sonst wird es bald keine mehr geben.

Während Onlineshopping erfolgreich jahrelang auf Kundenfreundlichkeit getrimmt wurde, ist der Weg zum Kaufhaus anstrengender geworden. Die Städte sind verstopft und wer nicht schleppen will, der braucht ein Auto. Wer überhaupt einen Parkplatz ergattert, riskiert Strafzettel oder muss horrende Parkgebühren zahlen. Zehn Euro ohne Einkaufsrabatt ist eben manchem zu teuer und er bestellt lieber zu Hause auf dem Sofa.

Galeria könnte bald zum Verkauf gestellt werden
Galeria könnte bald zum Verkauf gestellt werden © Unbekannt | Unbekannt

KaDeWe, Galeria und Co.: Weihnachtseinkauf kann den Unterschied machen

Auch in Berlin hat die Verkehrsplanung eine Zukunft der Kaufhäuser nicht im Blick gehabt, wie man rund um das KaDeWebeobachten kann. Den Kaufhäusern wurden lebenswichtige Arterien verengt, während Lieferautos von Amazon und Co. meist ohne Sanktionen Gehsteige und Radwege blockieren dürfen.

Ob Kaufhäuser doch noch gerettet werden, liegt aber allein an uns. Schon der nächste große Weihnachtseinkauf vor Ort kann den Unterschied machen. Das Experiment lohnt sich und wird mit Lebensqualität belohnt, wenn man bei einer Tasse Kaffee im Kaufhausrestaurant am Ende der Shoppingtour auf seine liebevoll eingepackten Trophäen blickt.

Staatliche Rettungsschirme sind teuer und endlich. Nur ein Rettungsschirm der Empathie mit bewusstem Konsumverhalten könnte nachhaltig die Wende bringen. Der Versuch ist es wert und Solidarität mit Angestellten war noch nie so angenehm.