Hamburg. Eintracht Braunschweig verpennt den Start beim Rückrundenauftakt in Hamburg, kämpft sich stark zurück, scheitert aber auch an individuellen Patzern.

Das war ein wilder Ritt, den Eintracht Braunschweig da beim Hamburger SV zum Rückrundenauftakt in der 2. Bundesliga hinlegte. Nach einer desaströsen Anfangsphase und einem 0:2-Rückstand nach 17 Minuten rappelte sich die Mannschaft von Trainer Michael Schiele auf und drängte noch auf den Ausgleich. Doch am Schluss mussten die Blau-Gelben ein 2:4 (1:2) hinnehmen. Und wieder war dieser Robert Glatzel voll beteiligt.

Die Vorfreude auf die Partie war riesig gewesen in der Löwenstadt. Die Autobahnen 2 und 7 waren voll mit rund 6000 Braunschweigern, die ihre Mannschaft und Trainer Michael Schiele, der am Samstag seinen Vertrag bis 2025 verlängert hatte, unterstützen wollten bei einer der schwierigsten Aufgaben der 2. Bundesliga: einem Auswärtsspiel beim HSV. Doch die Vorfreude war dann schnell verflogen und zunächst der bitteren Realität gewichen.

Mehr zu Eintracht Braunschweig

Zwei Minuten und 49 Sekunden waren gerade einmal gespielt, da brachte Robert Glatzel, der schon beim 2:0-Hinspielsieg des HSV in Braunschweig beide Tore erzielt hatte, den Gastgeber im vollen Volksparkstadion in Führung. Da waren sich Linus Gechter und Jasmin Fejzic nicht einig, wer die weite Flanke abfangen sollte. Und wenn es am Ende keiner von ihnen macht, macht es halt Glatzel.

Eine Viertelstunde später wurde es noch schlimmer. Wieder konnten sich die Hamburger ohne Gegenwehr durch die Eintracht-Defensive spielen, sodass für Moritz Heyer das 2:0 aus Nahdistanz nur noch Formsache war (17. Minute). Rund um diesen Treffer durfte es den Braunschweigern mulmig werden angesichts des Auftritts der Blau-Gelben, denn das 2:0 für den HSV war fast schon zu knapp.

Saulo Decarli haut Jasmin Fejzic, Anton Donkor schmeißt den Ball ins Aus

Zwei Szenen, die sinnbildlich für den Eintracht-Auftritt in den ersten 20 Minuten standen: Saulo Decarli haute unabsichtlich Fejzic ins Gesicht, und Anton Donkor rutschte bei einem Einwurf der Ball aus der Hand, und der flog weit von seinen Mitspielern entfernt ins Toraus. Das kann man unter Pech verbuchen, war aber passend: In den ersten 20 Minuten war kein Miteinander zu erkennen, kein Aufbäumen, kaum eine Zuteilung, keine Ruhe im Ballbesitz, selten nur Zweikampfhärte, schlechte Körpersprache. Das kann auch mit Jannis Nikolaous kurzfristigem Ausfall zu tun gehabt haben. Der Mittelfeld-Chef stand wegen einer wohl leichteren Muskelverletzung nicht im Aufgebot. Zu dem Zeitpunkt wirkte die Eintracht geschlagen und der HSV unantastbar.

Fabio Kaufmann packt den Hammer aus

Und dann kam Kaufmann. Keita Endo hatte den Ball in einem Konter vorangetrieben und den am Boden liegenden Manuel Wintzheimer als Bande für einen Doppelpass genutzt, die Kugel dann zu Kaufmann gebracht, dessen Schuss aus 18 Metern im Giebel einschlug – ein Traumtor aus dem Nichts, das den Charakter des Spiels veränderte.

Denn fortan war Schieles Mannschaft mutiger, griffiger, forscher – so hatte es sich der Trainer gewünscht. Tarsis Bonga, der etwas überraschend in der Startelf gestanden hatte, war in dieser Phase als Störer wichtig, er jagte den oftmals leichtsinnigen HSV-Verteidigern den einen oder anderen Ball ab. Endo kam nach seiner Vorlage für Kaufmann auch besser ins Spiel und hatte zwei gute Abschlussmöglichkeiten vor der Pause.

Vorfreude, Niedergeschlagenheit, Hoffnung, Zuversicht – so war das Wechselbad der Braunschweiger Gefühle gefüllt, das unmittelbar nach Wiederanpfiff eine weitere Note erhielt: Ernüchterung.

Kurz nach Wiederanpfiff fällt das 3:1 durch Robert Glatzel

Jean-Luc Dompé spazierte in der 49. Minute durch die Braunschweiger Hälfte bis in den Strafraum, wo Decarli ihn zwar gut stoppte, der Ball aber zu Glatzel sprang. Und was der gegen die Eintracht am allerliebsten macht, ist mittlerweile bekannt: Tore. Wie schon bei den Gegentoren 1 und 2 sah Fejzic auch bei diesem nicht gut aus.

Immerhin: Diesmal löste der HSV-Treffer nicht so eine große Unsicherheit bei der Eintracht aus wie in Hälfte 1. Durch Endo hätte das Team schnell wieder herankommen können, aber der Japaner hatte an diesem Sonntag kein Abschlussglück.

Nach einer guten Stunde nimmt der HSV das Heft des Handelns wieder in die Hand

Der HSV konnte sich das mit der komfortablen Führung im Rücken erst einmal anschauen, übernahm nach einer halben Stunde aber wieder das Kommando. Zwei Chancen auf weitere Tore hatte alleine Glatzel, der diese aber nicht nutzen konnte.

In der Schlussphase versuchte Schiele mit den Einwechslungen von Immanuel Pherai, Hasan Kurucay und Danilo Wiebe, noch mehr Druck aufs mögliche 2:3 und eine dann enge Schlussphase aufzubauen. Die Idee ging schnell auf. Nach einem HSV-Angriff trieb Pherai den Ball in einem Konter übers halbe Feld nach vorne, über Wintzheimer und Jan-Hendrik Marx kam die Kugel zu Wiebe, dessen abgefälschter Schuss zum 2:3 einschlug (81.). Ging da noch was für die Eintracht?

Nathan de Medina hatte in der 84. Minute noch eine dicke Chance aufs 3:3, traf aber nur das Tordach, und in der Folge hätte auch der HSV mehrfach auf 4:2 stellen können. Doch zunächst blieb es beim 2:3, ehe ein Konter über Ludovit Reis in der Nachspielzeit alles klarmachte. Diese Partie hatten die Braunschweiger trotzdem schon in den ersten 20 Minuten verloren.