Wolfsburg. Welch ein Drama! Wolfsburgs Eishockey-Erstligist rettet sich in die Verlängerung, siegt 4:3 und erzwingt Spiel 7 am Mittwoch in Straubing.

Drama, Baby, die Grizzlys Wolfsburg leben noch! Mit dem Mute der Verzweiflung stemmten sie sich im Play-off--Viertelfinalspiel 6 der Deutschen Eishockey-Liga erfolgreich gegen das Aus. Am Sonntagabend gewannen sie zu Hause gegen die Straubing Tigers mit 4:3 (1:1, 0:1, 2:1, 1:0) und glichen die Best-of-7-Serie zum 3:3 aus. Am Mittwoch (19.30 Uhr) in Niederbayern heißt es „Do or Die“. Der Sieger zieht ins Halbfinale gegen München ein, der Verlierer fliegt raus.

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Darren Archibald und Jean-Christophe Beaudin (2) für Wolfsburg sowie Travis St. Denis, Joshua Samanski und Luke Adam für Straubing erzielten die Tore in den ersten 60 Minuten. Spencer Machacek gelang dann in der Overtime das goldene Tor zum Sudden Death. Und so hatte das Eishockey-Drama begonnen.

Der Einlauf des Teams in die Arena schien kein gutes Omen zu sein. Der große aufblasbare Grizzlys-Kopf, durch den die Spieler das Eis betreten, hatte zu wenig Luft und fiel in sich zusammen. Die Profis pressten sich durch die kleinen Lücken. Geht auch den Grizzlys-Profis die Luft aus?

Grizzlys ohne Wurm und Dumont

Mit Blick auf den Kader schien das der Fall zu sein. Lucas Dumont und Armin Wurm hatten sich offenbar so schwer in Spiel 5 am Freitag in Straubing verletzt, dass sie am Sonntag nicht einsetzbar waren. Förderlizenzspieler Thomas Reichel aus Kassel füllte deshalb den Sturm auf. Außerdem baute Trainer Mike Stewart die Angriffsreihen um. Die Standard-Pärchen Tyler Morley/Archibald (neu Trevor Mingoia), Dustin Jeffrey/Spencer Machacek (neu Laurin Braun) und Beaudin/Gerrit Fauser (neu Matt Lorito) bekamen andere Nebenleute. Braun, der am Freitag eine Schnittwunde am Oberschenkel erlitten hatte, lief auf, obwohl er angeblich mit neun Stichen genäht worden war.

Im Unterschied zu den verlorenen Duellen 4 und 5 zeigten die Grizzlys diesmal Einsatz bis zum Letzten. Nach nur 22 Sekunden gingen sie zudem glücklich in Führung, weil Archibalds Nachschuss von Straubings Parker Tuomie unglücklich ins eigene Tor abgefälscht wurde. Plötzlich war die Halle da, die Fans peitschten ihr Team nach vorn. Machacek (2. Minute) verpasste mit einem Solo das 2:0. Den Vorwärtsdrang stoppte auch der schnelle 1:1-Ausgleich (3. Minute) durch St. Denis nicht. Grizzlys-Torwart Dustin Strahlmeier rutschte der Schuss an der Stockhand vorbei. Die deutlich besseren Chancen in Drittel 1 besaßen die Wolfsburger durch Beaudin (7.), Philipp Mass (9.), Fauser (10.), Mingoia (11.) und Archibald (12.). Der Einsatz stimmte, die Ausbeute jedoch nicht.

In Drittel 2 kippt das Match

Zu Beginn des zweiten Drittels hatten sich die Straubinger ihre Busbeine offenbar rausgelaufen. Nun ging es hauptsächlich aufs Grizzlys-Tor. Strahlmeier wartete mit zwei Big Saves gegen Luke Adam und Taylor Leier (beide 25.) auf. Die Fehler häuften sich. Die Tigers hatten offenbar Mass als Schwachpunkt in der Wolfsburger Abwehr ausgemacht, kamen oft über seine Seite. Wie in der folgenden Szene: Als Machacek von hinterm Gästetor in den Slot spielen wollte, passte er Straubings Mario Zimmermann direkt auf die Kelle. Der startete den Konter. Samanski, wackelte Mass aus und überwand „Strahlie“ zum 1:2 (28.) aus Grizzlys-Sicht. Das Match bereitete den Wolfsburgern Kopfschmerzen, einem Fan besonders. Ein Querschläger über die Bande traf einen Zuschauer am Kopf, der wohl eine Platzwunde erlitt.

Mit dem Rücken zur Wand ging es in den Schlussabschnitt. Beaudin, bester Wolfsburger in den Play-offs, bestrafte einen der wenigen Tigers-Puckverluste mit dem 2:2 (45.). Die Kulisse war da, die Hoffnung zurück. Aber die Straubinger hatten eineinhalb Minuten später durch Adam wieder eine Antwort parat – 2:3 (46.). 3:20 Minuten vor dem Ende bekamen die Grizzlys nach der ersten Strafe des Matches ein Powerplay. Und peng! Scharfschütze Beaudin traf zum wichtigen 3:3 (57.) – Verlängerung.

Spiel bis zur Entscheidung

Die wird in den Play-offs weiter mit 5 gegen 5 gespielt, bis ein Tor fällt, ohne Penaltyschießen. Morley (61.) vergab gleich die Riesenchance zum Sieg. Machaceks Pass-Versuch wurde eine Minute später von St. Denis ins eigene Tor abgefälscht. Die Halle bebte, der Titeltraum lebt.

Siegtorschütze und Matchwinner Machacek freute sich. „Es war ein ziemlich glückliches Tor“, sagte er zu seinem Overtime-Treffer, „aber ich nehme es gern. Es ist schön, ein Spiel 7 erzwungen zu haben. Es wird ein tolles Spiel am Mittwoch.“ Sein Trainer verspürte „Erleichterung“ nach Spielschluss. „Der Powerplay-Treffer zum 3:3 hat uns das Momentum gegeben. Das haben wir mit in die Overtime genommen. Hier waren wir sehr schnell und aggressiv und haben sie schnell für uns entschieden“, sagte Stewart. Und Verteidiger Dominik Bittner freute sich schon auf die am Dienstag startende „beste Busfahrt der Saison“, erneut nach Niederbayern. Sollten die Grizzlys die Serie gewinnen, treffen sie übrigens auf München.

Spiel kompakt:

Grizzlys Wolfsburg: Strahlmeier – Pfohl, Murray; Krupp, Zajac; Bittner, Mass – Mingoia, Morley, Archibald; Machacek, Jeffrey, Braun; Fauser, Beaudin, Lorito; Schinko, Klos, Reichel.

Straubing Tigers: Miska – Brandt, Daschner; Zimmermann, Kohl; Manning, Alt; Klein – Tuomie, Brunnhuber, Akeson; Leier, Zengerle, St. Denis; Connolly, Adam, Lipon; Schönberger, Samanski, Turnbull.

Tore: 1:0 (00:22) Archibald (Morley, Pfohl), 1:1 (02:21) St. Denis (Leier, Zengerle), 1:2 (27:23) Samanski (Turnbull, Zimmermann), 2:2 (44:12) Beaudin, 2:3 (45:45) Adam (Connolly), 3:3 (56:58) Beaudin (Murray, Morley/5:4), 4:3 (61:34) Machacek (Zajac).

Strafen: Wolfsburg 0 Minuten, Straubing 2 Minuten.

Schiedsrichter: Marian Rohatsch und Sirko Hunnius.

Zuschauer: 3415.

Personal: Den Grizzlys fehlten drei Verteidiger. Zu den beiden bekannten Ausfällen von Ryan Button (Verletzung im Bauchmuskelbereich/Saisonende) und Janik Möser (wohl Armverletzung/Ausfalldauer unbekannt) kam nun auch noch Armin Wurm (Ausfallgrund nicht kommuniziert) hinzu. Außerdem fiel im Angriff Lucas Dumont (wohl Knieverletzung) aus. Dafür holten die Wolfsburger Förderlizenzspieler Thomas Reichel für den Sturm aus Kassel zurück. Als Ersatztorwart saß Ennio Albrecht auf der Bank. Der kanadische Keeper Justin Pogge saß als überzähliger Ausländer auf der Tribüne.