Salzgitter. Andauernder Starkregen hat auch im Stadtgebiet Wiesen, Wege und Keller überflutet. Wo die Wehren besonders gefordert waren, steht hier.

Die Hochwasserlage in Salzgitter bleibt angespannt, auch wenn der Dauerregen erst einmal vorbei ist. Im Stadtgebiet konzentrierten sich über Weihnachten die Feuerwehren auf Schutzmaßnahmen in Ringelheim, Salder und am Kinder- und Jugendtreff „Forellenhof“ (KJT) in Lebenstedt. Viele Flächen dort glichen riesigen Seen, das Wasser stand auf Wegen und Straßen, überspülte Parkplätze und setzte Keller unter Wasser. Der Vize-Leiter des Fachdienstes Feuerwehr, Torsten Preuß, sagte unserer Zeitung am Mittwoch, die Lage habe sich nach Rückgang der Pegelhochstände der Innerste mittlerweile beruhigt, nun sei „entspannte Wachsamkeit“ angesagt.

So begann der Hochwassereinsatz von Salzgitters Feuerwehren

Nach tagelangem Starkregen, zu dem sich ab Freitag vor Heiligabend Orkanböen gesellten, versetzte die sich zuspitzende Lage die Feuerwehren ab Samstagabend in einen Dauereinsatz, der sich über die gesamten Festtage ziehen sollte. „Wir waren aber vorgewarnt, haben vor allem die Entwicklung an der Innerste genau im Blick gehabt“, erinnert sich Preuß. Schnell konzentrierten sich die Einsätze der Wehren auf den Süden der Stadt. Die Ortswehren aus Ringelheim, Groß Mahner, Gitter, Hohenrode und Salzgitter-Bad, aber auch der Ortsverband Salzgitter des Technischen Hilfswerks (THW), das Deutsche Rote Kreuz (DRK), die Johanniter Unfallhilfe (JUH) und der Fachzug Logistik rückten nach Ringelheim aus.

Salzgitters Einsatzkräfte konzentrierten sich zunächst auf Ringelheim

Zum ersten Einsatzschwerpunkt geriet die Wallmodener Straße. Dort war die Lage brisant, weil der Mühlenbach nahe einer Elektro-Verteilstation des Energieversorgers Avacon über die Ufer gequollen war. Rund 100 freiwillige Helfer in der Not waren bis in die frühen Morgenstunden im Einsatz, um knapp 10.000 Sandsäcke als Schutzwall gegen das Wasser zu errichten. Nach Abstimmung mit der Samtgemeinde Baddeckenstedt waren die Behältnisse zunächst per Hand in einem Betrieb zwischen Steinlah und Haverlah gefüllt worden, später sei der Landkreis Goslar mit maschineller Füllung eingesprungen, sagt Preuß.

Zugleich diente ein Teil der Sandsäcke zur Ableitung des Wassers, ein anderer dem zusätzlichen Schutz der Anwohner, die bereits damit begonnen hatten, das Regenwasser aus ihren Kellern zu pumpen. Doch damit hatte sich die Arbeit der Feuerwehren längst nicht erledigt, die Einsatzorte weiteten sich längst auch in den Norden aus.

So kämpften Salzgitters Einsatzkräfte im Norden gegen das Hochwasser

Schon das Kult-Konzert „Rock da Weihnachtsgans“ im „Forellenhof“ am Samstagabend war zum Teil nur mit nassen Füßen oder nach einer Anfahrt durch schlammbedeckte Wiesen zu erreichen. Der Parkplatz stand unter Wasser.

Am Salzgittersee waren viele Wege überschwemmt, die Fuhse lief übers Ufer. In Salder und am „Forellenhof“ hatten die Feuerwehren mit bis zu 1000 Sandsäcken das Wasser zurückgedrängt und am Städtischen Museum den Straßenrand abgesichert, denn die Fuhse durchquert Salder an den angrenzenden Häusern vorbei. „Noch nie war die Lage hier so dramatisch“, erinnert sich Erwin Max (68), der in Salder aufgewachsen ist und an einer Brücke am Gänsebleek wohnt. Zu diesem Zeitpunkt, erinnert sich Vize-Fachdienstleiter Preuß, hatte das Hochwasser seinen Höhepunkt jedoch erreicht. Bei Bredelem im Kreis Goslar wurde zu diesem Zeitpunkt mit 2,70 Metern der bislang höchste Wasserstand der Innerste gemessen.

So bilanzierte die Stadt Salzgitter das Ringen gegen das Hochwasser

Oberbürgermeister Frank Klingebiel und Erster Stadtrat Eric Neiseke waren Heiligabend in die Hauptfeuerwache geeilt, um sich von Fachdienstleiter Arne Sicks über die aktuelle Lage informieren zu lassen. Noch zwei Tage später hatten die Helfer in der Not 40 „unwetterbedingte Einsatzstellen“ im Stadtgebiet im Blick. Zudem fuhren Logistikkomponenten der Berufsfeuerwehr nach Wolfenbüttel, um dort zu unterstützen. Umgekehrt halfen auch die Nachbarn aus. Nach Angaben der städtischen Pressestelle haben Salzgitters Feuerwehrleute mit Unterstützung aus dem Kreis Goslar rund 20.000 Sandsäcke gefüllt. „Ohne diesen ehrenamtlichen Einsatz wäre es nicht zu so einem guten Erfolg gekommen“, hieß es von dort. Insgesamt seien rund 250 Kräfte im Einsatz gewesen.

So reagierten Anwohner auf das Hochwasser in Salzgitter

Der Salderaner Max lobt den Einsatz der Feuerwehrkräfte. Sie seien während der Weihnachtsfeiertage unentwegt im Einsatz gewesen. Doch er fügt auch kritische Töne an. Zwar seien Renaturierungsmaßnahmen außerhalb des Ortes wünschenswert, sie hätten seiner Auffassung nach die Lage innerhalb des Stadtteils aber deutlich verschärft. Weil am Ufer nicht regelmäßig gemäht und das Flussbett nicht öfter gereinigt werde, lagerten sich Äste und Schilf ab, sammelten sich und erschwerten so den Abfluss der Fuhse. So sei es auch diesmal in Salder schneller zu Überschwemmungen gekommen. Viele seiner Nachbarn hätten mehrere Tage lang das Wasser aus ihren Kellern pumpen müssen, klagt Max.

Die Feuerwehr schützte angrenzende Häuser am Gänsebleek in Salder mit Sandsäcken.
Die Feuerwehr schützte angrenzende Häuser am Gänsebleek in Salder mit Sandsäcken. © FMN | Rudolf Karliczek

Indes hat Vize-Leiter Preuß gute Nachrichten zu überbringen. So sei das Speicherbecken Warne zwar zu 70 Prozent gefüllt, doch dies habe keine Auswirkungen auf Salzgitter. Für die nächsten drei Tage sei keine deutliche Verschlechterung des Wetters zu erwarten, und der Zufluss des Oberflächenwassers sei stark zurückgegangen. Dennoch bleiben die Feuerwehren in Alarmbereitschaft.

Mit knapp 10.000 Sandsäcken schützten die Freiwilligen Feuerwehren das Avacon-Gebäude in Ringelheim vor dem Hochwasser.
Mit knapp 10.000 Sandsäcken schützten die Freiwilligen Feuerwehren das Avacon-Gebäude in Ringelheim vor dem Hochwasser. © FMN | Stadt Salzgitter

Eine ausreichende Zahl von Sandsäcken stehe noch zur Verfügung. „Um uns herum entspannt sich die Situation“, resümiert Preuß. Insgesamt würden die Flusspegel aber wohl auf einem hohen Niveau bleiben.

Die Wallmodener Straße in Ringelheim war der erste Einsatzschwerpunkt der Feuerwehren über Weihnachten in Salzgitter.
Die Wallmodener Straße in Ringelheim war der erste Einsatzschwerpunkt der Feuerwehren über Weihnachten in Salzgitter. © FMN | Stadt Salzgitter

Bereits am Dienstag habe das Land eine Feuerwehrbereitschaft in Salzgitter erbeten. Sie stehe seit Mittwoch zur Verfügung und könne bei Bedarf eingesetzt werden. Die Kommune will die Pegelstände von Innerste, Fuhse, Warne und weiterer Bäche kontinuierlich kontrollieren, „um auch weiterhin schnell auf Veränderungen reagieren zu können“.

Die Fuhse am Salzgittersee lief über die Ufer.
Die Fuhse am Salzgittersee lief über die Ufer. © FMN | Rudolf Karliczek