Salzgitter. Das Land weist an: Ab sofort sollen die Ordnungshüter mehr Präsenz auf den Straßen zeigen.

Nicht jedem scheint vollends klar, wie ernst die Lage ist. Mancherorts wurde in den vergangenen Tagen öffentlich in größeren Gruppen gefeiert, dicht an dicht saßen Bürger in Cafés, einzelne Geschäfte öffneten entgegen der Anordnungen. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius hat nun angekündigt: Ab sofort kontrollieren Polizei und Kommunen die bestehenden behördlichen Anordnungen im Kampf gegen das Coronavirus schärfer. „Die Polizeipräsenz auf den Straßen soll deutlich erhöht werden.“ Die konsequente Durchsetzung der Regelungen im Kampf gegen das Virus bekomme Priorität. „Es geht um Menschenleben“, erklärte der Landesminister. In Salzgitter begann die Polizei bereits: Am Donnerstag startete man gemeinsam mit dem Kommunalen Ordnungsdienst der Stadt mit verstärkten Streifengängen und -fahrten.

Man ziehe alle Kräfte zusammen, erklärte Salzgitters Polizeisprecher Matthias Pintak. „Wir wollen massiv vorgehen.“ Auch Ermittler, Mitarbeiter aus der Prävention und Kräfte der Bereitschaftspolizei könnten zum Einsatz kommen.

Die Beamten sollen Personengruppen und Menschen, die sich nicht an die Anordnungen der Behörden halten, zunächst ansprechen. Führt das nicht zum Ziel, sind auch andere Maßnahmen denkbar, schildert Polizeisprecher Pintak. Zum Beispiel das Aussprechen von Platzverweisen. Bei erkennbaren Verstößen in Geschäften, die im Zusammenhang mit dem Verkauf von Lebensmitteln stehen, drohe gar Schließung. Nach dem Infektionsschutzgesetz können zudem Verfahren eingeleitet werden – von Geldbußen bis hin zu Freiheits- und Geldstrafen sind Sanktionen denkbar. Zunächst möchte man die Bürger aber sensibilisieren. „Halten Sie sich an die Verfügungen der Kommunen und halten Sie sich nicht in größeren Gruppen auf. Sie gefährden dadurch nicht nur sich, sondern auch andere. Reduzieren Sie Ihre sozialen Kontakte auf ein absolutes Minimum. Wir appellieren an Ihre Vernunft und Verantwortung“, sagt Pintak.

Die ministerielle Ankündigung stellt eine neue Herausforderung für die Ordnungshüter dar. Gerade hatte man das Schichtsystem im Einsatz- und Streifendienst angepasst, um das Ansteckungsrisiko unter den Beamten zu reduzieren, erklärt Volker Warnecke, Leiter der Polizeiinspektion Salzgitter. Mittlerweile gibt es wieder feste Schichten, in denen die gleichen Kollegen miteinander arbeiten. Zuvor arbeitete man mit wechselnden Personen zusammen – was eine mögliche Streuung im Infektionsfall erhöht hätte.

Und auch darüber hinaus „haben wir Notfallpläne erarbeitet“, schildert Warnecke. Schließlich gehört die Polizei zur kritischen Infrastruktur. „Wir müssen funktionieren.“

Zu den Vorbereitungen gehören ganz einfache Maßnahmen: Unter anderem wurden die Streifenwagen vor einiger Zeit mit Mundschutz, Desinfektionsmittel und Handschuhen ausgestattet. Der Eingangsbereich der Wache in Lebenstedt – dem Sitz der Inspektion – wird ständig gereinigt. Dabei sollten Bürger versuchen, Anzeigen möglichst im Internet aufzugeben, um den Publikumsverkehr zu reduzieren. Was den Polizisten kleinere Sorgen bereitet, sind Begleiterscheinungen der Pandemie. So kursierte zwischenzeitlich in sozialen Netzwerken im Internet die Falschmeldung, eine großer Supermarkt würde schließen.

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Andernorts versuchen zudem Betrüger, leichtgläubige Bürger auszunutzen, indem sie sich als „Corona-Kontrolleure“ ausgeben, um dann Wertgegenstände zu entwenden. Wobei die Situation in der Hinsicht in Salzgitter insgesamt noch verhältnismäßig ruhig sei, schildert Polizeisprecher Matthias Pintak. Sein Eindruck: Die Kriminalitätslage sei überschaubarer als vor dem Virus. „Mal sehen, wie sich das weiterentwickelt.“

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Unter den Ordnungshütern herrsche „angespannte Gelassenheit“, sagt Salzgitters Polizeichef Warnecke. „Alles, was heute entschieden wird, kann morgen überholt sein. Aber als Polizisten sind wir außergewöhnliche Lagen gewohnt.“ Ziel sei, alle Dienststellen im Stadtgebiet geöffnet zu halten. „Auch die kleinen Polizeistationen.“ Er strahlt Optimismus aus: „Der deutsche Verwaltungsapparat schafft das.“

Info:

Laut Infektionsschutzgesetz können gravierende Strafen verhängt werden, wenn gegen verhängte Anordnungen verstoßen wird. Das Gesetz sieht Bußgelder bis zu 25.000 Euro vor oder im Falle einer Straftat Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren.