Braunschweig. In Berlin ist wohl ein Löwe entlaufen. Könnte er Braunschweig erreichen? Gibt es hier Löwen in privater Hand? Eine Recherche zu exotischen Tieren.

In der Nähe von Berlin, genauer gesagt: in Kleinmachnow, Brandenburg, haben Menschen eine frei laufende Löwin gefilmt – dachten sie zumindest. Freitagmittag gab es die Entwarnung: Es war wohl doch eine Wildsau, die auf dem Video aus Berlin zu sehen ist.. In der Zwischenzeit gab es Kurioses, einen Live-Ticker und Experteninterviews. „Kann der Löwe bis nach Braunschweig laufen?“, fragte eine Kollegin am Donnerstag und lachte. Die Idee einer entlaufenen Löwin hatte sie tatsächlich leicht verunsichert. „Gibt es eigentlich in Niedersachsen auch privat Löwen?“, fragt ein anderer.

Ich habe mich aufgemacht, dieses exotische Thema zu bearbeiten. Für Braunschweig und die Region, auf der Jagd nach dem Löwen.

Werden Löwen oder große Wildtiere in Niedersachsen privat gehalten?

Berlin ist eine Metropole, in der sich das Leben ballt. Ein Löwe im Garten? Wo, wenn nicht dort! Auf jeden Fall gibt es privat einen Löwen in Brandenburg. Insgesamt 23 Löwen gibt es dort: in Zoos, Zirkusunternehmen und einen in privater Haltung. Doch nirgendwo ist ein Löwe in Berlin entlaufen, das hat die Polizei überprüft.

Und in Niedersachsen? Im Zoo Hannover und in Osnabrück gibt es Löwen. Der Zoo Braunschweig hat das Ziel, wieder Löwen zu halten. Das zuständige Ministerium für Landwirtschaft informiert zudem, dass es in Zirkussen insgesamt 26 Löwen in Niedersachsen gebe. An Privatleute hat das Ministerium in den letzten zehn Jahren zwölf Genehmigungen nach der „Verordnung über das Halten gefährlicher Tiere“ (GefTVO) erteilt. Eine Erlaubnis für einen Löwen erteilte das Ministerium nicht. Aber für einen Geparden. Sie haben richtig gelesen. Außerdem gibt es Genehmigungen für die Tierarten Serval (einem Gepard ähnlich), Krokodil, Brauen-Glattsrirnkaiman, Timber-Wolf und Luchs.

Die Voraussetzungen für die private Haltung von Löwen

Laut dem Tierschutzgesetz muss jeder, der ein Tier hält, wissen, wie er das tun muss. Es gilt, die Tiere artgerecht zu ernähren, zu pflegen und unterzubringen. Letzteres regelt das Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Für Löwen heißt das: Ein Außengehege mit mindestens 200 Quadratmeter für ein Tier oder ein Paar, das zeitweise in mindestens zwei 100 Quadratmeter große Teile getrennt werden kann. Für jedes weitere Tier braucht es mindestens 100 Quadratmeter zusätzlich.

Nicht nur Löwen: Giftschlangen, tropische Giftspinnen und giftige Skorpione

Erheblich viel mehr Genehmigungen erteilte das Ministerium für giftige Schlangen, Skorpione und Spinnen: 72 Mal erlaubten sie die private Haltung in den letzten zehn Jahren. Im Januar 2022 zeigte ein Fall in Salzgitter aber, dass es zu einfach ist, solche Tiere illegal zu halten. Eine Frau hielt 115 Schlangen illegal in ihrer Wohnung. Davon waren 90 giftig, weitere gefährlich. Eine Klapperschlange biss die Frau. Sie musste ins Krankenhaus und wäre an der Vergiftung fast gestorben.

Löwen und giftige Tiere: Drohende Strafen für illegale Haltung

Ein Gericht verurteilte die Frau kurze Zeit später zu einer Geldstrafe von 2000 Euro. Gefährliche Tiere wie zum Beispiel Löwen ohne Genehmigung zu halten, können Gerichte mit bis zu 5000 Euro Strafe ahnden. Halten Menschen ihre Tiere ordnungswidrig, kann die Strafe bis zu 20.000 Euro betragen. Dazu gehört auch, dass man solche Tiere frei umherlaufen lässt.

Die Landesbeauftragte für Tierschutz in Niedersachsen, Michaela Dämmrich, kommentierte damals schon, dass etwas passieren müsse. Das bekräftigt sie heute: „Der aktuelle Fall in Berlin macht deutlich: Gefährliche Tiere wie Löwen, Giftschlangen, tropische Giftspinnen und giftige Skorpione haben in Privathand nichts zu suchen. Aus Sicht des Tierschutzes stellt sich die generelle Frage, ob eine artgerechte Privathaltung von Gefahrtieren überhaupt möglich ist. Im Hinblick darauf unterstütze ich die geplante Verschärfung der Gefahrtierverordnung“, so Dämmrich gegenüber unserer Zeitung.

Kann ein Löwe von Berlin bis nach Braunschweig laufen?

Das ist sehr unwahrscheinlich. Löwen passen ihr Streifgebiet an ihr Essensangebot an. Finden sie vor Ort viel Nahrung, bleiben sie, erklärt uns Peter Wilhelm vom Braunschweiger Zoo. Und in Berlin und Brandenburg gäbe es dank der Wildschwein-Plage vor Ort so schnell keine Probleme. Sollte also tatsächlich doch mal ein Löwe in Berlin ausbrechen, brauchen wir uns in Braunschweig keine Sorgen zu machen. Schwein gehabt!