Norddeich. Die Geburtensaison bei den Seehunden im Wattenmeer ist im Gang. Tiere, die von ihren Muttertieren getrennt wurden, werden in Norddeich aufgepäppelt.

Mit der Hochphase der Seehundgeburten im Wattenmeer steht in diesen Tagen in den beiden deutschen Seehundstationen für die Tierpfleger die arbeitsreichste Zeit des Jahres an. In den Stationen in Norddeich in Niedersachsen und in Friedrichskoog in Schleswig-Holstein werden zusammen aktuell mehr als 260 junge Seehunde aufgepäppelt. Jungtiere, die kurz nach der Geburt von ihren Müttern getrennt werden, werden Heuler genannt. Die Hauptgeburtenphase ist von Mitte Juni bis Mitte Juli. „Wir haben sozusagen gerade das Bergfest überstanden“, sagte der Leiter der Norddeicher Station, Peter Lienau, der Deutschen Presse-Agentur.

In der Seehundstation in Norddeich befinden sich aktuell 111 junge Seehunde in der Aufzucht. In Friedrichskoog sind es 153. Dort wurde mit „Manu“ der erste Heuler der Saison gerade nach nur sieben Wochen auch schon wieder ausgewildert – so früh im Sommer wie noch kein Heuler vor ihm. „Manu“ war als Frühgeburt am 17. Mai auf Hallig Hooge gefunden worden, da wog das Tier nur 9,4 Kilogramm. In Norddeich sollen die ersten Jungtiere Anfang August ausgewildert werden. „Django“ war dort am 27. Mai der erste aufgenommene Heuler in diesem Jahr – mit einem Gewicht von gerade einmal 9,3 Kilogramm.

Mehr aus Niedersachsen lesen: Elf schöne Ausflugsziele in Niedersachsen

Von den Tierpflegerinnen und Tierpflegern werden die verwaisten Jungtiere nun aufgepäppelt, bis sie mindestens 25 Kilogramm Auswilderungsgewicht auf die Waage bringen. Im Wattenmeer würden die jungen Seehunde eigentlich rund vier bis fünf Wochen von ihren Müttern gesäugt und aufgezogen, erklärte Tierpfleger Tim Fetting. Wenn die Muttertiere im Wasser nach Nahrung suchen, werden die Jungtiere kurzzeitig am Strand zurückgelassen. Als Heuler gelten sie erst, wenn sie infolge von Störungen dauerhaft von der Mutter getrennt werden. „Wir müssen die Mutter ersetzen“, sagte Fetting.

So viel Fisch brauchen junge Seehunde

Die geschwächten Seehundbabys werden zunächst über einen weichen Silikonschlauch mit einer Lachsemulsion als Muttermilchersatz gefüttert. Acht Tage nach der Aufnahme gibt es dann den ersten ganzen Hering. Aktuell fressen die meisten Tiere in der Norddeicher Station rund eineinhalb Kilogramm Fisch am Tag. Vor der Auswilderung sind es dann drei bis vier Kilogramm Hering am Tag. Wie schnell die Heuler sich in den Stationen Fett anfuttern, sei von Tier zu Tier verschieden, sagte Tierpfleger Fetting. In Norddeich dauert es im Schnitt 65 Tage, bis ein Tier wieder ausgewildert werden kann.

Bilder aus den Seehundstationen in Norddeich und Friedrichskoog

Norddeich: Junge Heuler warten in der Seehundstation auf die Fütterung.
Norddeich: Junge Heuler warten in der Seehundstation auf die Fütterung. © dpa | Lars Penning
Norddeich: Zahlreiche Heuler schwimmen in einem Becken in der Seehundstation.
Norddeich: Zahlreiche Heuler schwimmen in einem Becken in der Seehundstation. © dpa | Lars Penning
Norddeich: Ein Heuler schwimmt in einem Becken in der Seehundstation.
Norddeich: Ein Heuler schwimmt in einem Becken in der Seehundstation. © dpa | Lars Penning
Norddeich: Tierpflegerin Ramona bei der Fütterung der Jungtiere in der Seehundstation. Mit der Hochphase der Seehundgeburten im Wattenmeer steht in diesen Tagen in den beiden deutschen Seehundstationen für die Tierpfleger die arbeitsreichste Zeit des Jahres an.
Norddeich: Tierpflegerin Ramona bei der Fütterung der Jungtiere in der Seehundstation. Mit der Hochphase der Seehundgeburten im Wattenmeer steht in diesen Tagen in den beiden deutschen Seehundstationen für die Tierpfleger die arbeitsreichste Zeit des Jahres an. © dpa | Lars Penning
Norddeich: Tierpflegerin Ramona bei der Fütterung der Jungtiere in der Seehundstation.
Norddeich: Tierpflegerin Ramona bei der Fütterung der Jungtiere in der Seehundstation. © dpa | Lars Penning
Norddeich: Zahlreiche Heuler werden in der Seehundstation versorgt.
Norddeich: Zahlreiche Heuler werden in der Seehundstation versorgt. © dpa | Lars Penning
Norddeich: Die Tierpflegerinnen Ramona (rechts) und Marie bei der Fütterung der Jungtiere in der Seehundstation.
Norddeich: Die Tierpflegerinnen Ramona (rechts) und Marie bei der Fütterung der Jungtiere in der Seehundstation. © dpa | Lars Penning
Friedrichskoog: Ein Heuler frisst bei der täglichen Fütterung in der Seehundstation einen Fisch.
Friedrichskoog: Ein Heuler frisst bei der täglichen Fütterung in der Seehundstation einen Fisch. © dpa | Christian Charisius
Friedrichskoog: Tanja Rosenberger, Leiterin der Seehundstation Friedrichskoog, bei der Fütterung der Heuler in der Seehundstation.
Friedrichskoog: Tanja Rosenberger, Leiterin der Seehundstation Friedrichskoog, bei der Fütterung der Heuler in der Seehundstation. © dpa | Christian Charisius
In der Seehundstation Friedrichskoog befinden sich aktuell 153 junge Seehunde, die in den kommenden Wochen ins Wattenmeer entlassen werden, wenn sie das nötige Gewicht erreicht haben.
In der Seehundstation Friedrichskoog befinden sich aktuell 153 junge Seehunde, die in den kommenden Wochen ins Wattenmeer entlassen werden, wenn sie das nötige Gewicht erreicht haben. © dpa | Christian Charisius
1/10

Für die Tierpflegerinnen und Tierpfleger, Tierärzte und Freiwillige in den Stationen bedeutet die Aufzucht der kleinen Seehundbabys jede Menge Arbeit: In Norddeich wird vier Mal am Tag gefüttert – außerdem müssen die Becken regelmäßig gereinigt und die Seehunde untersucht und gewogen werden. „Die Saison steckt uns schon ganz schön in den Knochen“, sagte Fetting. „Wir sind aber auch noch voller Tatendrang und arbeiten auf die Auswilderungen hin.“

Norddeich und Friedrichskoog – hier sind die einzigen berechtigten Seehundstationen

Die Seehundstation in Friedrichskoog wurde 1985 eröffnet, in Ostfriesland begann die Aufzucht von Seehunden 1971. Beide sind Nationalparkhäuser und nach einem internationalen Abkommen die einzigen berechtigten Aufnahmestellen für Heuler in Deutschland.

Die Geburten- und Säugezeit der Seehunde im Wattenmeer dauert noch bis in den August. Die Geburts- und Liegeplätze im Nationalpark sind in der Regel in der Schutzzone 1 und dürfen nicht betreten werden. Menschen sollen einen möglichst großen Abstand zu den Seehunden einhalten, um die Wildtiere nicht zu stören.