Braunschweig. Was passiert mit dem Atommüll? Für Vertreter von Anti-Atom- und Bürgerinitiativen aus Salzgitter und dem Kreis Wolfenbüttel sind noch Fragen offen.

Landesumweltminister Christian Meyer (Grüne) spricht von einem „historischen Tag“: Am späten Samstagabend ist das Atomkraftwerk Emsland vom Netz gegangen und die Erzeugung von Strom aus Kernkraft in Niedersachsen nach rund 55 Jahren Geschichte. Mit der Trennung des Generators vom Stromnetz habe die diensthabende Schichtmannschaft am Samstagabend um 22.37 Uhr das Kernkraftwerk in Lingen als eines der drei letzten Kernkraftwerke in Deutschland heruntergefahren, teilte der Kraftwerksbetreiber RWE mit.

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Auch für die weiteren zwei verbliebenen Kernkraftwerke in Deutschland kam am späten Samstagabend das Aus: Neben dem Kraftwerk Emsland waren das Isar 2 in Bayern und Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg. „Damit wird der schon vor vielen Jahren beschlossene Atomausstieg jetzt auch faktisch vollzogen“, sagte Christian Meyer. „Und damit endet endlich auch ein jahrzehntelanger gesellschaftlicher Konflikt.“ Darüber sei er sehr froh, denn die hochgefährliche Risikotechnologie könne bei einem Super-GAU nicht nur verheerende Folgen für alle haben, sie habe auch in drei Generationen Probleme für 30.000 weitere Generationen geschaffen. „Schließlich bleibt auch morgen eine ganz zentrale Frage noch offen: Wohin mit dem Atommüll?“

Hunderte Atomkraftgegner versammelten sich friedlich in Lingen

Damit hat der Umweltminister vor allem bei Anhängern von Anti-Atom- und Bürgerinitiativen in unserer Region einen Nerv getroffen. Ursula Schönberger und Ludwig Wasmus von der AG Schacht Konrad waren am Wochenende in Lingen, wo Hunderte Atomkraftgegner friedlich für einen konsequenten Ausstieg aus der Atomindustrie in Deutschland protestierten. Sie sprechen von einem „Tag der Freude“. Gleichwohl blieben viele Probleme ungelöst. „Die radioaktiven Abfälle stehen unter schlechten Bedingungen an den AKW. Was passiert mit ihnen?“, fragt Schönberger. „Die Bundesregierung muss endlich ein Zwischenlager-Konzept auflegen, das 70 bis 80 Jahre trägt.“

Mit gemischten Gefühlen blickt auch die Remlingerin Heike Wiegel vom Verein „Aufpassen“ auf das AKW-Aus. „Damit sind längst nicht alle Probleme gelöst – im Gegenteil“, sagt sie. Die Endlager-Frage sei nicht geklärt und auch bei einem Zwischenlager für den Müll, der aus dem maroden Bergwerk Asse geholt werden soll, gebe es viele Fragezeichen. „Zudem: Wo kommt der Müll hin, der beim Rückbau der Atomkraftwerke anfällt?“ Die Sorge sei groß, dass dieser am Ende auch in unserer Region in dem Zwischenlager landen könnte, bis eine endgültige Lösung für die Entsorgung gefunden wird.

Der Betreiber RWE rechnet für das Kernkraftwerk Lingen mit einer 14 Jahre dauernden ersten Rückbauphase. Es werde davon ausgegangen, dass die Anlage im Jahre 2037 nachweislich frei von jeder Radioaktivität sein werde, hatte das Unternehmen mitgeteilt. Im Anschluss daran erfolge der konventionelle Anlagenrückbau.