Braunschweig. Auch die Zahl inhaftierter Anhänger der Terrormiliz steigt in Niedersachsen – und damit die Gefahr, dass sich weitere Gefangene radikalisieren.

Rund 80 Islamisten sind in den vergangenen Jahren aus Niedersachsen nach Syrien oder in den Irak ausgereist, um für die Terrormiliz Islamischer Staat zu kämpfen. Nun sind rund 20 niedersächsische Gefährder wieder nach Deutschland zurückgekehrt. Insgesamt halten sich 40 islamistische Gefährder in Niedersachsen auf, teilte das Innenministerium in Hannover auf eine FDP-Anfrage mit. Dazu zählen auch solche Islamisten, die nicht ausgereist sind oder in einem Gefängnis eine Haftstrafe einsitzen.

Zwar gilt der IS in Syrien und im Irak als weitgehend besiegt, doch es können weitere kampferfahrene IS-Anhänger nach Deutschland zurückkehren und zur tickenden Zeitbombe werden. Um sie kümmert sich unter Leitung des Verfassungsschutzes die Kompetenzstelle Islamismusprävention Niedersachsen.

Auch inhaftierte IS-Anhänger stellen nach wie vor eine Gefahr dar. Nach Angaben des niedersächsischen Justizministeriums sitzen derzeit 13 Islamisten in niedersächsischen Gefängnissen. Zwei sind unter anderem wegen Mitgliedschaft und Unterstützung des IS verurteilt worden. Ein Inhaftierter sitzt in Haft, weil er eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet hat. Außerdem befinden sich zehn mutmaßliche IS-Mitglieder und -Unterstützer in U-Haft, darunter der Hildesheimer Prediger und mutmaßliche Statthalter des IS in Deutschland, Abu Walaa, und vier Komplizen.

Die wachsende Zahl an IS-Rückkehrern setzt auch die Gerichte und Justizvollzugsanstalten unter Druck. In vielen Fällen hat die juristische Aufarbeitung jetzt erst begonnen. 2015 hatte es in Niedersachsen nur vier U-Häftlinge und einen verurteilten islamistischen Straftäter in Niedersachsen gegeben.

„Die Justiz hat sich schon vor Jahren auf die Gefahr eingestellt, dass verurteilte Straftäter in den Gefängnissen weiter rekrutieren können“, sagt Thomas Mücke, Geschäftsführer des „Violence Prevention Network“, das auch im niedersächsischen Justizvollzug Programme zur Deradikalisierung anbietet und islamistische Gefangene beim Ausstieg aus der Szene begleitet. Inzwischen gebe es 30 Beratungsfälle in Niedersachsen, Tendenz steigend. Darunter seien drei Entlassene. Es handele sich um Syrien-Rückkehrer oder um Insassen, die dem salafistischen Gedankengut anhängen oder im Vollzug konvertiert sind.

Viele Gefangene seien offen für das Programm, sagt Mücke. Aber es gebe auch solche, die nicht ansprechbar seien. „Viel wichtiger ist es daher, die Mitläuferszene in den Fokus zu nehmen.“ In den Gefängnissen bedeute das, die Mitinsassen zu stärken, damit sie nicht manipuliert werden können.