Potsdam. In Potsdam schwelt ein Streit über den Wiederaufbau der Garnisonkirche. Was spricht dafür, was dagegen?

Über den Wiederaufbau der 1945 zerstörten und 1968 abgerissenen Potsdamer Garnisonkirche wird seit langem gestritten. Ausgangspunkt der Kritik an dem Bauvorhaben ist vor allem der „Tag von Potsdam“ am 21. März 1933, als Hitler während der Feierlichkeiten zur Eröffnung des neu gewählten Reichstags in der Kirche eine Regierungserklärung abgab.

Zum 85. Jahrestag der Ereignisse, die vor allem durch das Foto eines Handschlags zwischen Hitler und Reichspräsident Hindenburg bis heute bekannt sind, stellt der Evangelische Pressedienst Argumente für und gegen den Wiederaufbau vor.


Für den Wiederaufbau:



Die 1735 fertiggestellte Garnisonkirche gilt als herausragendes Bauwerk, das auch das historische Potsdamer Stadtbild geprägt hat. Die Barockkirche sei „für das kulturelle Erbe unseres Landes von großer Bedeutung“ und könne als „nationales Tafelsilber“ angesehen werden, argumentiert die Garnisonkirchenstiftung.

Ihre Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und ihre endgültige Beseitigung in der DDR hätten nicht nur die evangelische Kirche und Potsdam, „sondern Deutschland insgesamt einer der schönsten barocken Kirchen aus der Zeit Preußens beraubt“.

Der Wiederaufbau des Garnisonkirchturms sei auch Ausdruck einer Wiedergutmachung für den Abriss in der DDR, argumentieren die Befürworter. Es sei „tragisch, dass diese Kirche gegen alle Proteste weggesprengt worden ist“, hat Brandenburgs ehemaliger Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) einmal in einem Interview dazu gesagt: „In Potsdam gab es eine eindrucksvolle Protestbewegung für den Erhalt der Kirche, quer durch die Bevölkerung, durch die Parteien, SED-Mitglieder waren dabei, Kirchenleute sowieso, Künstler.“

Der Abriss sei auch ein Angriff auf die Religionsfreiheit gewesen, denn ein Teil der Ruine sei bis in die 60er Jahre hinein weiter als Kapelle genutzt worden, lautet ein weiteres Argument. „Die Sprengung der Garnisonkirche war ein Rechtsbruch, eine Kulturbarbarei, bei der vor allem eine aktive Gottesdienststätte beseitigt worden ist, gegen das Recht der freien Religionsausübung“, lautet Stolpes Zusammenfassung in dem Interview: „Der Wiederaufbau wäre Wiedergutmachung.“ Die Kirchengemeinde habe sich 1949 zudem umbenannt und betont, keine Militärkirche mehr sein zu wollen.

Eine neue Garnisonkirche am historischen Standort diene auch der Auseinandersetzung mit der Geschichte und könne für das Engagement für Frieden und Versöhnung genutzt werden, lautet ein weiteres Argument.

Der Wiederaufbau schaffe „Raum für das Erinnern der Geschichte dieses Ortes, Raum für das Lernen aus dieser Geschichte und Raum für das Leben“, heißt es dazu bei der Garnisonkirchenstiftung. „Es wäre ein Anlaufpunkt, um sich zu erinnern, nachzudenken, welche Verantwortung wir heute tragen, um Versöhnung zu praktizieren, auch innerhalb der Stadt“, hat es Stolpe beschrieben.

Gegen den Wiederaufbau:

Die Garnisonkirche sei einst als Militärkirche errichtet worden, ein Symbol des preußischen Militarismus und ab 1933 des NS-Regimes gewesen, lautet eines der Argumente der Kritiker. Der Geist der historischen Garnisonkirche stehe für „Großmacht, Krieg und Unterdrückung“, sie sei kein Friedenssymbol gewesen und könne auch nach einem Wiederaufbau keines werden, heißt es bei der Bürgerinitiative „Potsdam ohne Garnisonkirche“.

Das Bauwerk sei Symbol für eine Kirche, „die sich von Obrigkeit und Militär in den Dienst nehmen ließ, Demokratie verachtete und auf politische Weisung Krieg predigte“, und stehe damit für das historische Versagen der Kirche, heißt es bei der Initiative „Christen brauchen keine Garnisonkirche“. Und der evangelische Theologe Friedrich Schorlemmer fragt: „Wer kann ausschließen, dass sich nicht auch der alte Ungeist hier eine neue Heimstatt sucht?“

Für den Wiederaufbau wird viel Geld benötigt, für den Turmbau werden rund 40 Millionen Euro veranschlagt. Neben Spenden sollen auch Millionenbeträge vom Bund und aus Kirchenkrediten dafür eingesetzt werden. Diese Gelder sollten besser für andere Zwecke verwendet werden, fordern Kritiker. Es sei „nicht nachzuvollziehen, warum eine gigantische Kirchenkopie, die keiner braucht und nur wenige haben wollen“, mit Steuergeldern finanziert werden solle, heißt es bei der Bürgerinitiative „Potsdam ohne Garnisonkirche“. Die Finanzierung sei zudem nicht vollständig gesichert, der Stadt drohe damit eine Bauruine.

Potsdam habe bereits viele Kirchen, die auch unterhalten werden müssen, weitere würden nicht benötigt, argumentieren die Kritiker weiter. Statt eine neue Garnisonkirche zu errichten, sollten lieber bestehende Kirchen finanziell unterstützt werden. Friedens- und Versöhnungsarbeit könne auch an anderen Orten geleistet werden, ein Neubau sei dafür nicht nötig.

Zum Argument der Wiedergutmachung für den Abriss in der DDR führen Kritiker an, die evangelische Kirche habe dafür damals eine hohe Entschädigung erhalten. Aus Sicht der Denkmalschützer ist ein Nachbau der Kirche nicht von Bedeutung. „Der Wiederaufbau ist keine Angelegenheit der Denkmalpflege, da die Garnisonkirche mit der Sprengung in DDR-Zeiten nicht mehr existiert“, meint Landeskonservator Thomas Drachenberg.