Berlin. Familienministerin Katarina Barley will einen Rechtsanspruch für Nachmittagsangebote durchsetzen.

Das Loch in der Versorgung klafft ab der ersten Klasse: Für fast die Hälfte der Grundschüler in Deutschland gibt es nach dem Ende des täglichen Unterrichts keine Betreuung. 44 Prozent der Grundschulkinder haben kein Betreuungsangebot für die Nachmittage, heißt es laut „Welt“ in einer vom Familienministerium in Auftrag gegebenen Untersuchung.

Dabei ist der Bedarf groß: Von den 1,2 Millionen Grundschulkindern in Deutschland, die derzeit keine Angebote wie Ganztagsschulen oder Horte nutzen, bräuchten 23 Prozent einen Betreuungsplatz. Unter den rund 1,6 Millionen Schülern, die bereits einen Platz haben, sind es immerhin 275 000, die nach Ansicht ihrer Eltern zusätzliche Möglichkeiten zur Betreuung bräuchten. Nimmt man die Zahlen der Kinder, die keine oder nicht ausreichende Betreuung haben, zusammen, so kommt man laut den Autoren der Studie auf 555 000 betroffene Kinder – immerhin 20 Prozent der 2,8 Millionen Grundschüler im Land.

Der Mangel hat Folgen: So fanden die Forscher heraus, dass 96 000 Mütter mit einem Kind im Alter zwischen sechs und zehn gezwungen sind, Teilzeit zu arbeiten, weil eine Betreuung nicht möglich oder nicht bezahlbar ist. Ein Viertel der Betroffenen ist alleinerziehend. Umgekehrt steigt mit der Verfügbarkeit von Versorgungsangeboten auch nach der Schule der Anteil der Mütter, die arbeiten gehen.

Familien sehen bei der Frage nach Betreuungsmöglichkeiten die Politik in der Verantwortung: 65 Prozent der befragten Eltern wollen, dass sich die Familienpolitik verstärkt auf Betreuung für Grundschüler konzentriert. Unter Eltern von Kindern im Grundschulalter sind es sogar 75 Prozent.

Familienministerin Katarina Barley (SPD) sagte am Montag, es bestehe dringender Handlungsbedarf. „Nach dem Rechtsanspruch für Kinder im Kita-Alter müssen wir jetzt den Rechtsanspruch für Kinder im Grundschulalter einführen“, so die Ministerin.

Auch CDU-Generalsekretär Peter Tauber sprach sich für mehr Betreuungsmöglichkeiten für Grundschüler aus: Mit einem Rechtsanspruch auf Betreuung wolle die CDU Eltern helfen, „selbst zu entscheiden, wie sie für sich am besten Berufstätigkeit und Familienleben vereinbaren können“, sagte Tauber unserer Zeitung. Der von Barley und Tauber geforderte Rechtsanspruch auf Nachmittagsbetreuung findet sich in den Wahlprogrammen von SPD, CDU, der Linkspartei und den Grünen.