Köln. Kinderärzte sind besorgt über die anhaltend hohe Kinderarmut und die zunehmende Verschlechterung der Gesundheit von betroffenen Kindern.

„Arme Kinder sind häufig auch kranke Kinder“, erklärte der Landesverband Nordrhein des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) am Donnerstag in Köln. „Wir sehen derzeit in unseren Praxen Kinder ohne geeignete Winterkleidung“, berichtete Pressesprecher Edwin Ackermann. Da diese Kinder häufig in feuchten Wohnungen lebten, hätten sie ein besonders hohes Risiko für Atemwegserkrankungen.

Noch gravierender seien Entwicklungsverzögerungen aufgrund mangelnder Anregung im Elternhaus, beklagte Ackermann. „Wir erleben jeden Tag, wie Armut Bildungschancen von Anfang an vernichtet.“ Erzieherinnen und Grundschullehrerinnen schickten diese Kinder dann oft zu Kinderärzten mit der Aufforderung, ihnen Therapien zu verordnen. „Therapien können aber Probleme, die durch mangelnde Förderung im Elternhaus entstehen, nicht ’reparieren‘“, betonte der Mediziner.

Er forderte die Landesregierung zu mehr Engagement gegen Kinderarmut auf. „Wir brauchen einen Ausbau der frühen Hilfen, wir brauchen personell besser ausgestattete Kitas, wir brauchen Familienzentren, in denen ratsuchende Familien niederschwellig für alle Aspekte ihres Alltags kompetenten Rat bekommen.“ Auch die Kindern von Migranten und Flüchtlingen müssten bestmöglich aufgefangen werden.

Nach dem am Dienstag vorgestellten Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes liegt die Kinderarmut bundesweit bei 19 Prozent. Im Ruhrgebiet lebt mehr als jedes vierte Kind von Hartz IV, in Gelsenkirchen sind es sogar 40 Prozent. epd