Debatte des Tages. Drei Studenten holen Politiker für einen Wettbewerb zur Bundestagswahl ins Boot. Sie wollen Bürger dazu bringen, am 22. September wählen zu gehen.

Wahlbeteiligung in der Region Bundestagswahlen

Nicht teilnehmen an Wahlen? Einfach zu Hause bleiben, wenn zum Beispiel der nächste Bundestag gewählt wird?

Für Politikverdrossene und Wahlmuffel zeigt Niedersachsens Landtagspräsident Bernd Busemann (CDU) wenig Verständnis. Mit drei Studenten und einem Politikprofessor stellte Busemann nun eine Aktion vor, die mehr Bürger zur Stimmabgabe treiben soll.

„Es gibt keinen zwingenden Grund und keine durchschlagenden Argumente, nicht zur Wahl zu gehen“, mahnte Busemann beim Vorstellen der Aktion „WahlPreis 2013“ im Landtag. Demokratie lebe davon, dass alle mitmachten, so der Präsident. Als Kultus- sowie als Justizminister hatte er in Niedersachsen Politik gemacht.

Es machen aber nicht alle mit: Bei der Landtagswahl im Januar 2013 zum Beispiel lag die Wahlbeteiligung bei 59,4 Prozent. Davor waren es 2008 sogar nur 57,1 Prozent gewesen. „Es gibt einen wachsenden Teil von Menschen, die aus dem System aussteigen“, beobachtet auch der Bremer Politikwissenschaftler Lothar Probst. Besonders bei sozial Schwächeren gebe es offenbar nicht mehr viel Erwartungen an der Politik.

Dagegen setzt der Student Timo Albeshausen (20) zusammen mit seinen Mitstudenten und Freunden die Aktion „WahlPreis 2013“. „Wir sind vom Wettbewerbsgedanken ausgegangen“, sagt Steven Tümler.

Dieser Wettbewerb funktioniert ganz simpel. Der Wahlkreis, in dem bei der Bundestagswahl am 22. September die höchste Wahlbeteiligung verzeichnet wird, erhält den Titel „Wahlkreis des Jahres“. 2009 hätte der niedersächsische Wahlkreis Harburg gewonnen, sagt Tümler, dort habe die Wahlbeteiligung 77,9 Prozent betragen. Der Sieger erhält einen Pokal, der allerdings wandert: Wer ihn behalten will, muss dann bei der folgenden Bundestagswahl also wieder gewinnen.

Das Projekt läuft in Niedersachsen und Bremen. In Bremen studieren die drei Initiatoren Politikwissenschaft, so kam der Politologe Probst ins Spiel. Er gab Starthilfe und vermittelte Kontakte.

Als Unterstützer werden außer den Landtagspräsidenten aus Niedersachsen und Bremen unter anderem auch CDU-Bundesministerin Ursula von der Leyen, SPD-Chef Sigmar Gabriel (SPD), Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sowie der Grünen-Fraktionschef im Landtag Jürgen Trittin geführt. Auch Vertreter der Linken, der Piraten und weiterer Parteien ziehen mit.

Zahlreiche Wahlkreiskandidaten unterstützen die Sache. Manche wollen auf ihrer Webseite werben, andere werden sogar T-Shirts drucken lassen. Der Wettbewerb ist überparteilich: Einer der drei Studenten ist in der CDU, ein anderer bei den Grünen, der dritte parteilos und bei der IG Metall. Die Studenten wollen mit Info-Ständen durchs Land ziehen.

Wunder erwarten die Macher von „WahlPreis 2013“ naturgemäß nicht. Sie wissen, dass der Einfluss der Aktion begrenzt ist. Es geht ihnen vor allem um den Geist der Sache, die Idee, die dahintersteht. „Ich war spontan sehr angetan“, sagt der Politologe Probst.

Über möglicherweise auch handfeste Gründe für Politikverdrossenheit mochte Landtagspräsident Busemann nicht vorrangig reden. „Wie sich Politiker verhalten, das gehört natürlich dazu“, sagte Busemann. In Bayern etwa soll sich ein Landtagsmitglied auf Steuerzahlerkosten mit teuren Kameras eingedeckt haben, etliche Abgeordnete beschäftigten Verwandte auf Kosten der Öffentlichkeit.

In Niedersachsen ist so etwas laut Busemann alles keine Thema. Beim allem gelegentlichen Ärger über die Politik , bei aller Kritik gebe es einfach keinen durchschlagenden Grund, nicht wählen zu gehen, bekräftigte der Landtagspräsident.