Berlin. Es gebe keine Pause vom Krieg, sagt Präsidentengattin Olena Selenska und wirbt für ein Projekt, das ihr schon lange am Herzen liegt.

„Wie geht‘s Ihnen denn?“ Diese ans Publikum gerichtete Frage der Moderatorin ist nicht nur ein Gag. Sie setzt den Ton an diesem Freitagmorgen: Es geht um psychische Gesundheit. Olena Selenska sitzt in Berlin auf dem Podium, zusammen mit Elke Büdenbender, und hält einen Appell. Die beiden First Ladies – Selenska aus der Ukraine und Büdenbüder aus Deutschland – haben sich zusammengetan, um sich gemeinsam für das Thema starkzumachen. Selenska liegt es schon lange am Herzen.

Sie hat das Programm „How are u?“ in der Ukraine initiiert. In Berlin spricht sie nun darüber, wie der Krieg Russlands gegen die Ukraine die Psyche von Männern, Frauen, aber vor allem Kindern zermürbt und zerstört. „Der Krieg findet nicht nur irgendwo da draußen statt, auf irgendwelchen Feldern und mit irgendwelchen Panzern“, sagt Selenska. „Nein, der moderne Krieg ist überall.“ Alle Menschen in der Ukraine seien den schrecklichen Bildern und Informationen zu jeder Zeit ausgesetzt. „Davon gibt es keine Pause.“ Elke Büdenbender mahnt: „Kinder fangen keinen Krieg an. Die Erwachsenen müssen die Verantwortung übernehmen.“

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Beide First Ladies fungieren als Schirmherrinnen einer Konferenz mit dem Titel „Deutsch-ukrainische Konferenz über mentale Gesundheit, psychosoziale Unterstützung und Rehabilitation“. Es ist eine hochkarätig besetzte Veranstaltung, das Bundesgesundheits- und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung haben dazu eingeladen.

Ukraine-Krieg: Deutschland hilft „solange wie es nötig ist“

Ziel der Konferenz: Expertinnen und Fachleute miteinander zu vernetzen, über Digitalisierung im Gesundheitswesen und Chancen von sogenannter „Telemedizin“ zu sprechen – und letztlich auch daran zu erinnern, wie es den Menschen in der Ukraine knapp zwei Jahre nach Kriegsbeginn geht. Deutschland hat der Ukraine am Freitag weitere Unterstützung im Gesundheitssektor zugesagt, „solange wie es nötig ist“, so Karl Lauterbach. Dass es im Gesundheitswesen auch noch weit über ein mögliches Ende des Krieges hinaus nötig sein wird, daran lässt hier niemand einen Zweifel.

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Selenska ist der heimliche Star der Veranstaltung. Bis zuletzt ist ihr Kommen geheimgehalten worden, aus Sicherheitsgründen. „Noch dreißig, nein, zwanzig Sekunden, dann kommt Frau Selenska“, raunt eine Mitarbeiterin ihren Kollegen zu. Die Präsidentengattin wird begleitet von zwei ukrainischen Personenschützern in Militärgrün. Selenska trägt einen hellgrauen Hosenanzug und schwarze Stilettos.

Russland-Reportagen von Jan Jessen

Ukraine: Selenskyjs Frau wollte nie im Rampenlicht stehen

Die 45-Jährige wollte eigentlich nie im Rampenlicht stehen. Doch die frühere Drehbuchautorin hat ihre Rolle und ihr Thema gefunden. Sie tritt empathisch auf, findet die richtigen Worte und trifft einen Nerv. Selbst politische Gegner ihres Mannes Wolodymyr Selenskyj loben sie für ihr Auftreten.

Sie treibt aktuell mehrere große Projekte voran. „Wir schulen diejenigen, denen die Menschen am meisten vertrauen – die Hausärzte“, sagt Selenska in Berlin. Ziel sei es, dass die Hausärzte erkennen, wann es sich um tieferliegende psychische Probleme handelt, wenn jemand mit anhaltenden Kopfschmerzen oder Schlafstörungen in die Praxis kommt. Sie hofft auf ein Lehrbuch über mentale Gesundheit, außerdem sollen etwa Polizisten und Bahnmitarbeitende erste psychologische Hilfe in Krisenmomenten leisten können. Von deutschen Konferenz-Teilnehmern heißt es anerkennend: Wir können noch viel von der Ukraine lernen.

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