Berlin. Das Heizungsgesetz kann nicht wie geplant verabschiedet werden. Für die Ampel ist das ein Rückschlag – für die Opposition ein Triumph.

Es ist ein Paukenschlag – und sicher einer der bittersten Momente in der Regierungszeit von Olaf Scholz und seiner Ampel-Koalition: Quasi in letzter Minute hat das Bundesverfassungsgericht am späten Mittwochabend die Abstimmung über das umstrittene Heizungsgesetz gekippt.

Nicht aus inhaltlichen Gründen, wohlgemerkt. Sondern weil die Richter das Hauruck-Verfahren, mit dem das Gesetz noch vor der Sommerpause durchgepeitscht werden sollte, missbilligten. Ausgerechnet die Ampel, die angetreten war, transparent und nachvollziehbar Politik zu machen, kassiert die denkbar peinlichste Rüge: Missachtung der parlamentarischen Fairness und der gesetzgeberischen Solidität.

Das Stoppschild aus Karlsruhe ist gleichzeitig ein Triumph für CDU-Chef Friedrich Merz. Der Chef der größten Oppositionsfraktion forderte die Ampel noch in der Nacht auf, das Urteil aus Karlsruhe zum Innehalten zu nutzen.

Rückschlag beim Heizungsgesetz: Warum CDU-Chef Merz triumphiert

Für Merz ist der Richterspruch ein politischer Booster. Als CDU-Chef hatte er in den letzten Wochen keinen leichten Stand – die Umfragen für die CDU stagnierten, mit Hendrik Wüst und Daniel Günther gibt es zwei junge, erfolgreiche CDU-Ministerpräsidenten, die seine Führungsrolle allein durch ihre bloße Existenz in Frage stellen.

Merz brauchte dringend frischen Schub. Mit dem erfolgreichen Eilantrag haben Merz und seine Leute jetzt schon ein unschlagbares Argument für alle künftigen Wahlkämpfe in der Tasche. Motto: Die Ampel kann’s nicht, das sagt sogar das oberste Gericht. Ein schlagendes Argument, und auch noch juristisch wasserdicht.

Politik-Korrespondentin Julia Emmrich
Politik-Korrespondentin Julia Emmrich © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Doch der Triumph könnte sich bald als bitterer Sieg erweisen: Denn was bleibt von diesem fast schon historischen Abend, an dem die obersten Richter die Regierung in den Senkel stellten? Es bleibt das Bild einer unfähigen Regierung, das grelle Aufleuchten eines massiven Politikversagens.

Wer die Mechanismen des politischen Betriebs kennt, ahnt, wer am Ende am meisten von solchen Momenten profitiert: Diejenigen, die gar nicht erst versuchen, politisch fair und gesetzgeberisch solide aufzutreten – die Demokratieverächter, die rechten Populisten von der AfD.

Ampel-Versagen hilft der Rechten

Die Ironie der Geschichte ist: Ausgerechnet die Sorge vor einem Konjunkturprogramm für die Rechten und einer herben Abrechnung mit den Ampel-Parteien hatte die Scholz-Truppe dazu getrieben, derart aufs Tempo zu drücken. Eine Entscheidung über das Heizungsgesetz erst nach der Sommerpause, so die Sorge, hätte dazu geführt, dass SPD, Grünen und FDP mit ihrem ungemütlichen Klimaschutzprogramm mitten in die heiße Wahlkampfphase in Hessen und Bayern geraten wären.

Eine noch spätere Entscheidung zum Ende des Jahres oder womöglich erst zu Anfang 2024 hätte die Wahlkämpfe im Osten der Republik sicher massiv beeinflusst. Die Ampel wollte im Augen-zu-und-durch-Verfahren die unangenehmen Botschaften an die Heizungsbesitzer durchboxen – und das Land dann in die Sommerferien entlassen. Im Herbst, so die Hoffnung, wäre der Ärger schon nicht mehr so wuchtig.

Die Lehre aus dem Schlamassel? Sich nicht von der Angst vor dem Wähler treiben lassen – sondern gut regieren. Dann braucht man auch keine Angst haben. Konkret: Die Ampel sollte jetzt nicht den erstbesten Termin nach der Sommerpause anpeilen, sondern warten, bis auch die Regelungen für die finanzielle Förderung stehen – und dann ein solides Paket durchs Parlament bringen. Nur so gewinnt man Vertrauen zurück.