Berlin. Nach Razzien bei der “Letzten Generation“ warnt SPD-Chefin Esken vor überzogenen Maßnahmen. Für die CSU ist der Fall dagegen eindeutig.

In der vergangenen Woche rückten die Aktivisten der "Letzten Generation" verstärkt in den Fokus polizeilicher Ermittlungen, als in mehreren Bundesländern bei Razzien insgesamt 15 Wohnungen der Klima-Kleber durchsucht wurden. Wieder einmal stellt sich die Frage, ob es sich bei der Organisation um eine kriminelle Vereinigung handelt. SPD-Chefin Saskia Esken warnt nun vor überzogenen Maßnahmen.

Es bestehe zwar die Gefahr einer weiteren Radikalisierung der Bewegung und deswegen sei es auch notwendig, dass die Sicherheitsbehörden das beobachteten, sagte Esken der Deutschen Presse-Agentur. "In unserem Rechtsstaat ist es aber wichtig, dass die angewandten Mittel der Behörden immer verhältnismäßig und nicht überzogen sind."

Das Anliegen der Klimaschützer sei durchaus bedeutsam und auch dringlich, und sie könne die Ungeduld der jungen Menschen nachvollziehen, sagte Esken. In der Dringlichkeit stecke aber auch die Gefahr einer Radikalisierung. "Denn auch wenn die Politik sich in den vergangenen Jahren erheblich bewegt hat und die Bewegung das als Erfolg werten könnte, erscheint aus dieser Dringlichkeitsbetrachtung heraus alles, was wir tun, zu wenig und zu spät."

Lesen Sei auch: "Letzte Generation": Wissing adelt Klima-Kleber – ein Fehler

Klima-Kleber: Esken fordert, Gesetzesbrüche zu ahnden

Zwar könne sie verstehen, dass viele Menschen über die Blockaden auf den Straßen verärgert sind, sagte Esken. Und man könne sich auch die Frage stellen, ob man so Menschen für sein Anliegen gewinnen kann. Aber die Politik müsse akzeptieren, "dass der Beitritt zu einer Partei und der Gang durch die Institutionen nicht der einzige Weg ist, sich politisch zu betätigen".

Nach den Razzien am Mittwoch erklärten sich Vertreter der
Nach den Razzien am Mittwoch erklärten sich Vertreter der "Letzten Generation" bei einer Pressekonferenz. © Christoph Soeder/dpa

Auch die nicht parlamentarischen, aktivistischen Bewegungen müssten im demokratischen Gemeinwesen ihren Platz haben, betonte die SPD-Chefin. Wenn dabei Gesetze gebrochen würden, müsse das aber geahndet werden. "Inakzeptabel finde ich, wenn Nötigung oder gar Gewalt gegen Menschen ausgeübt wird, und auch die Gefährdung öffentlicher Infrastruktur durch Sachbeschädigung können wir nicht hinnehmen. Es besteht schon die Gefahr, dass sich das immer weiter hochschaukelt."

Auch spannend: Nach Treffen mit Wissing: Klima-Kleber haben nächstes Ziel

CSU: Drobrindt sieht "eindeutig eine kriminelle Vereinigung"

Deutlich weniger Verständnis zeigt die Oppsition im Bundestag, die den Umgang der bayerischen Justiz mit den Klima-Klebern verteidigt. "Wir erleben seit Monaten, dass hier Straftaten begangen werden und die Gruppe sich weiter radikalisiert", sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt dem Nachrichtenportal t-online. "Und deswegen muss dagegen vorgegangen werden, um mögliche Mitwirkende und Nachahmer davon abzuhalten. Mit dem klaren Hinweis: Ihr begeht Straftaten, ihr werdet dafür zur Verantwortung gezogen."

Dobrindt sagte, er habe "größten Respekt gegenüber den Richtern, die inzwischen auch Gefängnisstrafen für diese Straftäter verhängen". Für ihn selbst sei die Letzte Generation "eindeutig eine kriminelle Vereinigung". "Eine kriminelle Vereinigung zeichnet sich dadurch aus, dass sich Menschen verabreden, gemeinsam Straftaten zu vollziehen und dies wiederholt auszuüben. Dieser Sachverhalt ist bei der Letzten Generation eindeutig gegeben", sagte der CSU-Politiker.

Trotz Razzien am Mittwoch gingen die Aktivisten, wie hier in Stuttgart, auf die Straße.
Trotz Razzien am Mittwoch gingen die Aktivisten, wie hier in Stuttgart, auf die Straße. © Andreas Rosar/dpa

Unter Juristen ist allerdings umstritten, ob die Letzte Generation nach Paragraf 129 des Strafgesetzbuchs als kriminelle Vereinigung eingestuft werden kann. Eine gerichtliche Feststellung dazu gibt es noch nicht. Verschiedene Staatsanwaltschaften ermitteln aber in diese Richtung. Andere wiederum sehen bisher keinen Anfangsverdacht.

Auch spannend: Klima-Kleber: Für härtere Strafen klatscht die Union allein

Aktivisten bestreiten trotz Festnahmen, kriminell zu sein

Rund 170 Beamte hatten bei der Razzia am Mittwoch 15 Wohnungen und Geschäftsräume durchsucht, wie die Generalstaatsanwaltschaft München und das Bayerische Landeskriminalamt mitteilten. Der Tatvorwurf lautet auf Bildung beziehungsweise Unterstützung einer kriminellen Vereinigung. Die Aktivisten bestreiten, kriminell zu sein, obwohl mehrere bereits wegen Straftaten verurteilt wurden, teils sogar zu Haftstrafen.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Die Razzia wurde von vielen Seiten als übertrieben kritisiert. Die Initiative beklagte, ihre Mitglieder fühlten sich wie "Schwerverbrecher behandelt". Carla Hinrichs, Sprecherin der Aktivisten, hatte behauptet, sie sei "mit vorgehaltener Waffe aus dem Bett geholt" worden. Wie der Tagesspiegel berichtet, sei daraufhin Strafanzeige erstattet worden. (fmg/dpa)