Salzgitter. Die Braunschweiger Unternehmensgruppe Vierke hat wegen der Corona-Krise umgesteuert. In Salzgitter werden nun Schutzmasken produziert.

Die Nähmaschinen rattern ohne Unterlass. Mareike Bode-Meyer und ihr dreiköpfiges Team sitzen hochkonzentriert davor. In Windeseile produzieren sie in der kleinen Werkstatt in Salzgitter-Lebenstedt eine Gesichtsschutzmaske nach der anderen. Dabei ist das eigentlich gar nicht ihre Aufgabe. Die Schneiderinnen fertigen in Nicht-Corona-Zeiten Prototypen für Dienstkleidung – etwa für Mitarbeiter von Hotelketten. Aktuell wäre es ein Luxushotel in der spanischen Hauptstadt Madrid gewesen.

Ihr Arbeitgeber ist die Braunschweiger Vierke-Gruppe. Das Unternehmen hat sich auf Berufsbekleidung spezialisiert. Die 42 Mitarbeiter entwerfen, lagern und versenden Bekleidung für Unternehmen – vom Hotel bis zum Verkehrsbetrieb. Im vergangenen Jahr betrug der Umsatz nach Angaben von Geschäftsführer Heiner Vierke 8 Millionen Euro. Die Erstmodelle werden in Salzgitter genäht, bevor die reguläre Produktion bei Lohnherstellern in Polen, Tschechien, der Slowakei und in Bulgarien anläuft.

Heiner Vierke zeigt eine Gesichtsschutzmaske für Kinder.
Heiner Vierke zeigt eine Gesichtsschutzmaske für Kinder. © Andreas Schweiger

Doch das Coronavirus hat alles durcheinander gewirbelt – weil zum Beispiel viele Hotels ihren Betrieb vorübergehend einstellen mussten. Vierke entschloss sich, in die Produktion von Schutzmasken einzusteigen. Einerseits, um zu helfen, den hohen Bedarf zu decken, wie er sagt. Andererseits, um wegbrechende Umsätze aufzufangen. „Einige bauen im Sturm Mauern, ich möchte Windmühlen errichten“, sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung. Außerdem bliebe seinen Schneiderinnen so die Kurzarbeit erspart. „Ich bin beeindruckt von ihrer Flexibilität und dankbar dafür, dass sie sofort bereits waren, mit der Produktion zu beginnen“, betont Vierke. Für Mitarbeiter in der Buchhaltung, im Einkauf und im Vertrieb habe er dagegen Kurzarbeit anmelden müssen.

Gefertigt werden in Salzgitter nach seinen Angaben täglich etwa 500 Masken, die wiederverwendbar sind. Angeboten werden sie in zwei Ausführungen: als Baumwollmasken, die bei 90 Grad Celsius waschbar sind, und als mehrlagige Masken aus Mischgewebe, die bei 60 Grad gewaschen werden können. „Wir haben auch Masken für Kinder und Kleinkinder entwickelt, die ab Anfang Mai lieferbar sind“, erläutert Vierke.

Während nach seinen Angaben in Salzgitter Wunschanfertigungen, etwa in speziellen Farben, genäht werden, laufe bei den genannten Lohnfertigern in Ost- und Südosteuropa die Produktion in hohen Stückzahlen. In den vergangenen zwei Wochen seien dort 200.000 Masken genäht worden. Einige Hotels hätten sich inzwischen entschieden, aus den Stoffen getragener Dienstkleidung Schutzmasken herstellen zu lassen – also gleich in den Unternehmensfarben.

Wie Vierke weiter erläutert, beliefert sein Unternehmen Stammkunden direkt mit den Schutzmasken. So seien beispielsweise 30.000 an die Hamburger Hochbahn geliefert worden. Die Schutzausrüstung könne aber auch über den Braunschweiger Großhandel Ditzinger geordert werden, für Privatkunden sei der Online-Shop mb-mundschutz.de eingerichtet worden.

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Parallel zu den Masken arbeitet Vierke noch an einem zweiten Projekt. In Absprache mit dem Land Niedersachsen, das den Kontakt zu ihm gesucht habe, habe sein Unternehmen einen wiederverwendbaren OP-Kittel für Krankenhäuser entwickelt. Der könne 50 bis 80 Mal gewaschen werden. „Wir sind in der Zertifizierung und erwarten, dass wir im Juni mit der Produktion beginnen können“, sagt Vierke. Zielrichtung des Landes sei, die bisherigen Einweg-Kittel zu ersetzen und so die Abhängigkeit von asiatischen Lieferanten zu verringern.

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Läuft das Geschäft mit den Schutzmasken und später den OP-Kitteln gut, will Vierke sie dauerhaft produzieren und so sein Geschäft erweitern. „Wir würden gerne Arbeitsplätze in Salzgitter schaffen, uns fehlen schon jetzt gelernte Fachkräfte“, sagt er. Auch sonst schlage sein Herz für die Region. Dem Braunschweiger Fußball-Drittligisten Eintracht Braunschweig will er 1000 Schutzmasken spenden, der sie an Fans weitergeben könne.