Wolfsburg. Deshalb stehe der Schutz der VW-Mitarbeiter beim Produktionshochlauf an erster Stelle. Die Autobranche fordert Investitionen vom Staat.

Das gab es schon einmal: In der Finanzkrise 2009 stützte die von der Bundesregierung ausgelobte „Umweltprämie“ die Autoindustrie. Wer damals sein mindestens neun Jahre altes Auto verschrotten ließ und ein neues kaufte, erhielt vom Bund 2500 Euro. Könnte dieses Instrument staatlicher Anreize den Autobauern auch in der Corona-Krise helfen? Die Überlegungen darüber werden in der Autobranche lauter.

VW-Beschaffungsvorstand Stefan Sommer forderte etwa in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“: „Es braucht Investitionen in die Industrie, und es braucht Investitionen in das Konsumverhalten.“ Sie würden noch stärker benötigt als in der Finanzkrise 2009. Ein VW-Sprecher sagte unserer Zeitung am Montag, dass für Volkswagen zunächst der Hochlauf der Produktion nach Ostern an erster Stelle stehe. Die Diskussion etwa über Kaufprämien für Neufahrzeuge sei ein möglicher nächster Schritt.

BMW-Vorstandschef Oliver Zipse brachte eine „Innovationsprämie“ ins Spiel. Der Deutschen Presse-Agentur sagte er: „Wir sehen in einer Innovationsprämie eine doppelte Chance: Sie kann als Konjunkturmaßnahme die Wirtschaft ankurbeln und gleichzeitig den Umstieg der Kunden auf klimaschonende Technologien beschleunigen.“ So könne man wirtschaftliche Erholung mit wirksamem Klimaschutz kombinieren, „anstatt beides gegeneinander auszuspielen“

In einem IG-Metall-Interview sagte VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh, dass der Autobauer stark genug sei, um die Krise zu überstehen. „Volkswagen ist gut unterwegs für diese Herausforderung. Unsere flüssigen Mittel reichen fürs Erste aus.“ Wichtig sei, dass die Mitarbeiter gesund und motiviert blieben. „Denn wenn wir Corona irgendwann hinter uns haben, brauchen wir jede Hand, um den Produktionsrückstand aufzuholen. Unsere Produkte sind top und besser als die der Konkurrenz. Darum bin ich langfristig zuversichtlich für unsere Marke und den ganzen Konzern“, sagte er.

Zwar soll die Produktion in den Werken nach Ostern wieder hochgefahren werden. Vor dem Anlauf müsse aber die Versorgung mit Teilen und der Abfluss der fertigen Fahrzeuge geklärt sein. „So lange zum Beispiel die Kfz-Zulassungsstellen geschlossen sind, wird uns kaum ein Kunde ein Auto abnehmen“, sagte Osterloh. „Wichtiger als ein Datum ist für mich, dass sich alle Kolleginnen und Kollegen in unseren Werken gut vor einer Ansteckung geschützt fühlen und das auch tatsächlich sind, wenn wir wieder loslegen“, betonte er.

Der Betriebsrat habe dazu mit dem Unternehmen feste Regeln vereinbart. Dazu gehöre etwa das Abstandhalten bei der Arbeit und die Versorgung mit Masken. „Die Kolleginnen und Kollegen können sicher sein, dass wir bei Volkswagen alles getan haben, um das Ansteckungsrisiko so gering wie möglich zu halten“, sagte er. Ein Restrisiko werde aber bleiben – „egal ob zu Hause, in Bus und Bahn, beim Einkaufen oder eben bei der Arbeit“.

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Nach Angaben des Betriebsratschefs stehe der Schutz vor einer Übertragung des Coronavirus an erster Stelle. Daher würden in der Produktion Umwege in Kauf genommen und langsamer produziert. „Wo sich der Mindestabstand von 1,5 Metern nicht einhalten lässt, tragen die Kolleginnen und Kollegen Masken. Die Räume werden öfter gereinigt. Ebenso Werkzeuge und Geräte wie etwa Scanner“, erläuterte er.

Die Beschäftigten müssten vor Arbeitsbeginn eine Checkliste durchgehen, um sich selber auf Krankheitssymptome zu testen. Das Messen der Körpertemperatur gehöre dazu.

Für die Abteilungen außerhalb der Produktion – den indirekten Bereich – gebe es die Vorgabe, dass die Mitarbeiter so viel wie möglich im Homeoffice arbeiten. Osterloh: „Wenn es hilft, kann der Gleitzeitrahmen erweitert werden, um die Arbeit zu entzerren. Und, ganz wichtig, für die Risikogruppen gilt wie bisher auch: Man darf weiter zu Hause bleiben und, falls das mit der eigenen Arbeit möglich ist, zu
100 Prozent mobil arbeiten.“

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Die Kantinen werden laut Osterloh in den ersten Wochen des Wiederanlaufs der Produktion geschlossen bleiben. „Klar ist in diesen Zeiten leider: Schlangen an der Essensausgabe und gemeinsames Sitzen auf engem Raum sind nicht gut für ein möglichst kleines Ansteckungsrisiko“, begründete er die Entscheidung. Die Automaten würden aber gefüllt, Mitarbeiter könnten zudem Essen von zu Hause mitbringen. „Das muss jetzt halt mal so sein“, sagte er.