Braunschweig. Abflauende Nachfrage, erhöhtes Angebot: Die Preise für Benzin und Diesel sind auf Sinkflug.

Der Preis für einen Liter Diesel kratzt in unserer Region an der Ein-Euro-Marke und geht auch schon mal darunter, der Preis für einen Liter Super E10 bewegt sich um 1,10 Euro. Zum Vergleich: Vor einem Monat kostete Diesel um 1,18 Euro, Super E10 um 1,33 Euro. Goldene Zeiten also für alle, die in diesen Tagen tanken müssen. Für den Preisverfall sorgt aber nicht allein Corona, wie Professor Christian Leßmann, Professor für Volkswirtschaftslehre an der TU Braunschweig, im Gespräch mit unserer Zeitung erläuterte. Und: Die günstigen Kraftstoffpreise sind wohl ein sehr flüchtiges Glück.

Doch der Reihe nach. Leßmann spricht von einem „Doppelschock“, den die Energiepreise – und allen voran der Ölpreis – derzeit erleben. „Die Corona-Krise sorgt dafür, dass weltweit Unternehmen ihre Produktion drosseln oder stoppen. Die Folge sind eine stark rückläufige Nachfrage nach Öl und damit ein geringerer Energieverbrauch“, sagte er. Damit gilt: Eine sinkende Nachfrage sorgt auch für – in diesem Fall – stark sinkende Preise.

„Es gibt derzeit aber auch einen Angebotsschock“, sagte Leßmann. Der habe einen politischen Hintergrund. So kontere Russland Sanktion der USA gegen das Land mit einer erhöhten Ölförderung. Das setze den Ölpreise und die daran geknüpften Preise für Energien wie Gas zusätzlich unter Druck. Der Hintergrund: Schon nach der Annexion der Krim-Halbinsel durch Russland im März 2014 haben die USA Russland mit Sanktionen belegt. Mit weiteren Sanktionen wollen die USA den Bau der Gaspipeline Nord Stream 2 zwischen Russland und Deutschland stoppen.

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Gegen diese Sanktionen reagiert Russland laut Leßmann mit einer Erhöhung der Ölförderung. Das dadurch sinkende Preisniveau solle dazu führen, dass Öl aus den USA finanziell unattraktiv werde. Öl werde in den Vereinigten Staaten vor allem über das Fracking gewonnen – dabei werde Gestein aufgebrochen, durch dass das Öl dann fließe. Dieses Verfahren sei im Vergleich zur üblichen Ölförderung teuer und lohne sich daher erst richtig ab einem entsprechenden Preisniveau. Ein sinkender Ölpreis durchkreuze diese Strategie.

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Die aktuelle Entwicklung eines erhöhten Ölangebotes und einer sinkenden Nachfrage bekommen die Autofahrer an den Tankstellen zu spüren – durch außergewöhnlich günstige Kraftstoffpreise. Wie lange dieser Trend anhält, weiß niemand.

Leßmann erwartet kein rasches Ende des Konflikts zwischen den USA und Russland. Dagegen könne es aber in absehbarer Zeit eine Entspannung in der Corona-Krise geben – sobald die Infektionskurve abflache. Mit der dann zu erwartenden steigenden Nachfrage würde auch das alte Gesetz wieder gelten: Eine steigende Nachfrage führt zu höheren Preisen. Debatte