„Die Folgen der Maßnahmen wird man erst in einigen Jahren richtig beurteilen können.“

Der Mord an Walter Lübcke, der Anschlag von Halle, Todesdrohungen gegen Politiker, Hasskriminalität: 2019 war ein schlimmes Jahr. Zur Zäsur wird es aber erst, weil Horst Seehofer (CSU) seit Langem der erste Bundesinnenminister ist, der den Rechtsextremismus auf eine Prioritätsstufe mit dem islamistischen Terrorismus stellt.

Die Folgen der Maßnahmen wird man erst in einigen Jahren richtig beurteilen können. So lange kann es dauern, bis alles umgesetzt ist und zu greifen beginnt. Das Ergebnis könnte statistisch einen paradoxen Effekt haben. Die Zahl der Extremisten und ihrer Straftaten könnte steigen, wenn ein Dunkelfeld noch weiter aufgehellt wird.

Dass der öffentliche Dienst eine Problemzone sein kann, konnte jeder seit dem Fall „Franco A.“ bei der Bundeswehr und den Verdachtsmomenten bei der Polizei in Frankfurt oder beim Sondereinsatzkommando in Mecklenburg-Vorpommern sehen. Nun hat der Blitz des Offensichtlichen auch den Innenminister getroffen.

Warum eine Zentralstelle gegen rechtsextreme Umtriebe im öffentlichen Dienst „unsinnig und gefährlich“ sein soll, wie der Linke-Politiker André Hahn meint, erschließt sich einem nicht. Hahn fordert allerdings zu Recht unabhängige Ombuds- und Beschwerdestellen bei Polizei- und Sicherheitsbehörden.

Gefragt ist auch die Zivilgesellschaft. Man schaut neidisch nach Italien, wo Zehntausende Menschen aus Protest gegen Rechtspopulismus und Intoleranz auf die Straßen gehen. Die Botschaft der Sardinen-Bewegung – wir sind mehr – ist richtig. Auf die Schwarmintelligenz der Mehrheit zu setzen ist ein interessanter Ansatz, der für Deutschland nicht mal neu wäre. Es ist fast 20 Jahre her, dass der damalige Kanzler Schröder nach einem Anschlag auf eine Synagoge in Düsseldorf zum „Aufstand der Anständigen“ aufrief. Es ist wieder so weit.