Fünfzehn Jahre nach den Terroranschlägen vom 11. September in New York und Washington droht zwischen den langjährigen Partnern Amerika und Saudi-Arabien ein schweres Zerwürfnis. Gegen den Rat von Präsident Obama hat der Senat am Dienstag grünes Licht für ein umstrittenes Gesetz gegeben. Es erlaubt Angehörigen der 3000 Attentatsopfer gegen die Regierung in Riad vor Gericht zu ziehen.

Hintergrund sind seit Jahren kursierende Spekulationen, wonach die mit gekaperten Passagierflugzeugen durchgeführten Anschläge der Terrororganisation al-Kaida mit aktiver oder passiver Unterstützung des arabischen Königreichs geschehen sein könnten. Hinweise darauf sollen in einem 28-seitigen Dossier zu finden sein, das noch unter Obama-Vorgänger George W. Bush von den US-Sicherheitsdiensten verfasst worden war und seither unter Verschluss gehalten wird.

Raid droht mit Konsequenzen, sollte das Gesetz verabschiedet werden Riad weist die Vorwürfe vehement zurück und droht mit harten Konsequenzen. Außenminister Adel al-Jubeir kündigte gegenüber Kongressabgeordneten an, dass Saudi-Arabien US-Staatsanleihen im Wert von 750 Milliarden Dollar abstoßen werde, sollte das Schadensersatzgesetz tatsächlich verabschiedet werden. Dadurch würde die bisher geltende Immunität von Staaten im Zusammenhang mit Terroranschlägen auf US-Boden aufgehoben. Falls das Gesetz wie erwartet demnächst auch im republikanisch beherrschten Repräsentantenhaus eine Mehrheit findet, will Obama das präsidiale Veto einlegen. Das Weiße Haus, so Sprecher Josh Earnest, befürchtet diplomatische Flurschaden und prophezeit Kollateralschäden für amerikanische Staatsbürger im Ausland.

Senator Chuck Schumer, ein Demokrat und langjähriger Weggefährte Obamas, lässt sich davon nicht beeindrucken. Im Falle eines Vetos werde der Präsident überstimmt, sagte der Politiker aus New York. „Den Familien von Terroranschlägen muss die Gelegenheit gegeben werden, die Drahtzieher zur Rechenschaft zu ziehen“, sagte er, „auch wenn es sich dabei um Staaten handelt.“ Durch das einstimmige Votum im Senat wird der Druck größer, das besagte Geheimpapier freizugeben, das Teil des offiziellen Berichts der Regierungskommission zur Aufklärung der Anschläge vom 11. September 2001 ist.

Es wird erwartet, dass Amerikas oberster Geheimdienstkoordinator James Clipper in Kürze darüber entscheidet, was von den durch CIA und FBI 2002 ermittelten Informationen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden darf; ohne dass dabei „Interessen der nationalen Sicherheit verletzt werden“, wie Obama sagte.

Wie der ehemalige demokratische Senator Bob Graham (80) in Kenntnis der Geheimpapiere im US-Fernsehen erklärte, sollen mindestens zwei der Attentäter von 9/11 substanzielle Hilfe von saudischen Mittelsmännern gehabt haben. Es soll sich dabei um Nawaf al-Hazmi und Khalid al-Mihdhar gehandelt haben. Beide kamen 2000 ohne Sprachkenntnisse mit Visum in die USA und ließen sich in Kalifornien nieder.

11. SEPTEMBER 2001

Die Terroranschläge waren vier koordinierte Flugzeugentführungen mit anschließenden Selbstmordattentaten auf wichtige zivile und militärische US-Gebäude. Die Täter lenkten zwei davon in die Türme des World Trade Centers und eines in das Pentagon. Das vierte Flugzeug wurde nach Kämpfen mit Passagieren bei Shanksville zum Absturz gebracht.

Bei den Anschlägen starben etwa 3000 Menschen. Die 19 Flugzeugentführer gehörten zur islamistischen Terrororganisation al-Kaida.