Oldenburg. In der Liste der weltweiten Serienmörder ist sein Name ganz vorne zu finden. Der Krankenpfleger Niels Högel tötete mindestens 91 Menschen.

podcast-image

Seine Aufgabe war es, Patienten zu helfen. Stattdessen spritze er sie mit Medikamenten tot. Anfangs wollte er sich als Retter feiern lassen, bald war es die pure Mordlust, die ihn antrieb. Es ist ein makabres Etikett, das Niels Högel anhaftet: Der Krankenpfleger, der in Kliniken Oldenburg und Delmenhorst in den Jahren 1999 bis 2005 arbeitete, ist verantwortlich für die größte Mordserie der deutschen Nachkriegsgeschichte.

91 Morde konnte die Justiz ihm nachweisen – die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen. Vielleicht waren es doppelt so viele. Darüber hinaus gibt es Patienten, die seine feigen Mordanschläge überlebt haben. Viele (Verdachts-)Fälle werden nie mehr aufgeklärt werden, weil Högel sich nicht erinnern kann, will – und auch lügt. Für die Angehörigen der Toten ist das eine große Belastung.

Gab es Mitwisser im Fall Högel?

Die Journalisten Karsten Krogmann und Marco Seng gelten als Experten für den Fall und wurden für ihre Recherchen mehrfach ausgezeichnet wurden. Diese Woche erschien ihr Buch „Der Todespfleger“ (Goldmann Verlag). Aus diesem Anlass sprechen wir in unserer neuen Podcast-Folge von „Tatort Niedersachsen“ mit Seng. Es geht in dem Buch um mehr, als nur die Taten des Pflegers zu bilanzieren. Die Autoren wollen Fragen klären, wie Högel zum Serienmörder werden und wie er in Krankenhäusern so lange unentdeckt töten konnte, warum die Ermittlungen zeitweise so zäh, aber schließlich unter Hochdruck liefen, wie Angehörige unter den Taten leiden und wer die „Heldinnen“ in diesem großen, menschlichen Drama sind.

Hier geht's zum Thema des Tages: Eklat um den „Todespfleger“ Niels Högel: Opferverbände entsetzt

Die letzten Kapitel in dem Fall sind dabei noch nicht geschrieben. Ab Frühjahr 2022 müssen sich acht frühere Kollegen und Vorgesetzte Högels als Angeklagte vor Gericht verantworten. Gab es Mitwisser und hätten sie Högel stoppen können? Dies ist eine Kernfrage des Buchs und darüber spricht Seng im Podcast.

Wie weit darf True-Crime gehen?

Eines haben Seng und Krogmann nicht für ihr Buch gemacht: mit Högel gesprochen. Sie wollten dem Lügner keine Bühne bieten. Dieser Podcast wurde aufgenommen, bevor in dieser Woche die Diskussion um eine neue RTL-TVNow-Doku zu dem Fall aufkam. Dafür wurde Högel, der in der JVA Oldenburg einsitzt, per Telefon interviewt – ein journalistischer Scoop. Die Högel-Statements stehen im Mittelpunkt der 4-teiligen Doku. Angehörigen- und Patientenvertreter fordern die Absetzung, die Polizei Oldenburg hat ihre Zusammenarbeit für die Sendung aufgekündigt. RTL erklärt: Alle Aussagen von Högel werden durch einen Psychiater eingeordnet. Hier stellt sich dennoch eine neue Diskussion: Wie weit darf True-Crime gehen?