Mehrum. Es war das erste deutsche Kraftwerk, das mitten in der Energiekrise aus der Reserve geholt wurde. Nun gibt es im Kreis Peine neue Pläne.

Das Kohlekraftwerk Mehrum hat seinen Dienst endgültig erledigt. Es geht am Donnerstag unwiederbringlich vom Netz. Nach 20 Monaten im Reservebetrieb wird das Kraftwerk nun wieder heruntergefahren, erklärte Geschäftsführer Armin Fieber auf Anfrage. „Am Gründonnerstag produzieren wir letztmalig Strom aus Kohle“, sagte er.

Damit endet die Kohleverstromung drei Tage vor dem bisher gesetzten Stichtag am 31. März, bis zu dem die Anlage per Ausnahmeregelung am Strommarkt teilnehmen durfte. Laut Fieber geht die Industrie in die Osterpause. Die Folge: Die Preise sinken, das Kohlekraftwerk Mehrum hätte in den verbleibenden drei Tagen nicht mehr konkurrenzfähig Strom produzieren können.

Wirtschaftsminister Robert Habeck: Mehrum-Rückkehr eine bittere Nachricht

Mehrum erlangte im August 2022 bundesweit Aufmerksamkeit, denn es war – mitten in der Energiekrise – das erste von 14 deutschen Steinkohlekraftwerken, das aus der Reserve zurückgeholt werden musste. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte die Rückkehr Mehrums mit Blick auf den Klimaschutz wiederholt als bittere Nachricht bezeichnet. Die Rückkehr sei aber wegen der Folgen des Ukraine-Kriegs für die Gasversorgung unvermeidlich gewesen.

Seither lieferte die Anlage im Landkreis Peine, die ursprünglich schon Ende 2021 stillgelegt worden war, wieder Strom. Allerdings nicht durchgängig, wie Fieber erläuterte. „Auch das war abhängig von den Strompreisen“, sagte er. In den letzten Tagen des Betriebs habe man die Anlage bereits auf die Stilllegung vorbereitet und Behälter mit Betriebsstoffen gezielt entleert.

Mehrum: Kohlemeiler wird abgerissen, Gaskraftwerk entsteht

Eine erneute Rückkehr aus der Reserve werde es nicht geben, fügte Fieber hinzu. Das Kraftwerk, das dem tschechischen Energiekonzern EPH gehört, werde nun abgerissen. „Die Vorbereitungen laufen bereits.“ Stattdessen, so der Plan des Betreibers, soll direkt nebenan auf der grünen Wiese ein neues Gaskraftwerk entstehen. Es soll so gebaut werden, dass es theoretisch auch grünen Wasserstoff produzieren könne. Zurückgebaut wird das Kohlekraftwerk laut Fieber ab dem 1. Oktober. Der Rückbau soll zweieinhalb Jahre lang dauern. Parallel soll das neue Gaskraftwerk gebaut werden. Es soll ab 2028 Strom aus Gas produzieren.

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Noch fehlt aber die Genehmigung und die Berücksichtigung in der Kraftwerks-Strategie von Wirtschaftsminister Habeck. Der Peiner Landtagsabgeordnete Christoph Plett (CDU) sagte, er habe vor zwei Wochen einen entsprechenden Brief an Habeck geschrieben, aber noch keine Antwort erhalten. Im Kohlehafen von Mehrum soll Gewerbe und Industrie entstehen. Die etwa 100 Jobs sollen möglichst erhalten bleiben.

Niedersachsens Umweltminister Meyer zum Mehrum-Aus: Meilenstein für den Klimaschutz

Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) meldete sich per Mitteilung zum Mehrum-Aus. Er sagte: „Das endgültige Aus für das Alt-Kraftwerk Mehrum ist eine gute Nachricht und ein Meilenstein für den Klimaschutz!“ Kohlestrom werde angesichts des „Turbos bei den Erneuerbaren Energien“ nicht mehr gebraucht und immer mehr aus dem Netz verdrängt, so der Minister etwas vollmundig.

Das Steinkohlekraftwerk Mehrum war 1965 erstmals in Betrieb gegangen. Der zuletzt genutzte Block 3 kam 1979 hinzu. Der heutige Eigner EPH des tschechischen Milliardärs Daniel Křetínský übernahm die Anlage 2017 von den Versorgern BS Energy (Braunschweig) und Enercity (Hannover).

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