Peine. Tierrechts-Organisation wendet sich an Staatsanwaltschaft Braunschweig. Tierhaltungsexperte: Mehr Tierschutz hätte Unfall nicht verhindert.

Dienstag vor einer Woche kam es auf der A2 bei Wendeburg zum Unfall eines Schweinetransporters. Diesen Dienstag nun hat die Tierrechtsorganisation Peta bekannt gegeben, dass sie die Spedition wegen Verstößen gegen den Tierschutz bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig angezeigt hat. Bei dem Zusammenstoß waren zwei Menschen verletzt worden. Sieben verletzte Schweine wurden vor Ort notgeschlachtet, zwei Tiere, die flohen, wurden von Jägern erschossen, ein weiteres Tier verendete, wie die Autobahnpolizei berichtete.

In einer Mitteilung erklärte Peta die Strafanzeige mit einem Verstoß gegen das Tierschutzgesetz und die Tierschutztransportverordnung. Auf Nachfrage erläuterte eine Sprecherin der Organisation, der Verstoß liege darin, „dass die Tiere durch den Unfall und die hohen Temperaturen Schmerzen und Leiden erfahren mussten“. Außerdem verwies sie auf die Tötungen am Unfallort. Der Fahrer habe eine „Garantenpflicht für die Sicherheit und das Wohlergehen der Tiere“ bei der Beförderung.

Polizei: Unfall wohl aus Unachtsamkeit des Fahrers

Die Polizei geht aktuell davon aus, dass der Unfall aus Unachtsamkeit des Fahrers entstanden ist. Darüber hinaus gebe es allerdings keinerlei Anzeichen für rechtliche Verstöße – etwa mit Blick auf den Tierschutz oder das Einhalten von Ruhezeiten des Fahrers – erklärte Dirk Oppermann, Sprecher der Polizeiinspektion Braunschweig.

Prof. Dr. Lars Schrader vom Friedrich-Loeffler-Institut sagte im Gespräch mit unserer Zeitung halbernst: „Schweine anzuschnallen, wäre sicher keine tierschutzgerechte Lösung.“
Prof. Dr. Lars Schrader vom Friedrich-Loeffler-Institut sagte im Gespräch mit unserer Zeitung halbernst: „Schweine anzuschnallen, wäre sicher keine tierschutzgerechte Lösung.“ © fli | Ines von Frantzius

Entsprechend möchte auch der Agrar-Tierschutzexperte Prof. Lars Schrader vom Friedrich-Loeffler-Institut den Unfall von der Debatte über Tiertransporte trennen. „Dies war ein tragischer Unfall, der sich auch durch ein anderes Tierschutzrecht nicht hätte vermeiden lassen “, sagte er im Gespräch. Einfache Wege, den Unfallschutz für Tiere zu erhöhen, sieht der Leiter des Fachinstituts für Tierschutz und Tierhaltung in Celle nicht. „Schweine anzuschnallen, wäre sicher keine tierschutzgerechte Lösung“, sagt er halbernst und verweist darauf, dass Tiere während der Fahrt sich hinlegen, aufstehen und auch trinken können müssen.

Das Ziel von Peta, komplett auf Tiertransporte zu verzichten, hält Schrader auf absehbare Zeit für unrealistisch. „Tiere müssen von A nach B gebracht werden“, sagte er, „zumindest einmal am Ende ihres Lebens“. Zwar sei auch eine hofnahe Schlachtung „grundsätzlich eine gute Option“, erklärte er, aber sei dies nicht für 47 Millionen Tiere möglich. So viele Schweine wurden laut Statistischem Bundesamt 2022 in Deutschland geschlachtet.

Kritisch sieht die Landesregierung in Hannover die Tiertransporte. Auf Anfrage erklärte eine Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums: „Klar ist: Es ist davon auszugehen, dass die Gefahr, dass Tiere durch Transporte leiden, mit der Beförderungsdauer steigt.“ Deshalb sehe das Tierschutzrecht unter anderem strengere Voraussetzungen für lange Transporte vor. Im Koalitionsvertrag hat die rot-grüne Koalition die Absicht erklärt, im Viehzucht-Hotspot Niedersachsen strengere Voraussetzungen und stärkere Kontrollen für Transporte zu schaffen.