Juist. Ein Kurztrip auf die Nordseeinsel ist kein Schnäppchen, aber die Reise wert.
Ein Vier-Tage-Programm auf der Insel Juist ist schnell gemacht: Einen Tag geht’s zum Meer, einen zum Watt, einen nach links, einen nach rechts. Nicht gerade spannend? Gut so! Genau das mögen die ewigen Juist-Fans: „Es ist so erholsam langweilig hier...!“
Juist reiht sich ein in die Kette der Ostfriesischen Inseln vor der deutschen Nordseeküste und doch ist Juist oft ein bisschen anders. Besonderheit eins: Juist ist autofrei! Deswegen ist das Trappeln der Kutschen, das Schnauben der Zugpferde und der Geruch ihrer Hinterlassenschaften auf den Straßen aus Pflastersteinen derart markant, dass die Insel auch ohne Sehfähigkeit sofort erkannt wird.
Besonderheit zwei ist die Abhängigkeit der Fähren, die von Norddeich Mole abfahren, von Ebbe und Flut. Es gibt keine ausgebaggerte Fahrrinne, die immer befahren werden kann. Die Fähren nach und von Juist sind auf ein natürliches, gefülltes Fahrwasser angewiesen. Dessen Verlauf bestimmt immer noch die Nordsee, indem sie im Watt Furchen und Priele füllt und leert.
Haben die Fähren keine handbreit Wasser unter dem Kiel, können sie nicht fahren. Sie müssen auf die Flut warten. Die kommt nun mal nicht so oft, wie es einige gerne hätten. Meistens fährt deswegen nur eine Fähre am Tag von und nach Juist, manchmal passen zwei in den Rhythmus der Gezeiten.
Ein Wochenend-Trip nach Juist
Ohne Tagesgäste ist es viel ruhiger
Echte Juist-Fans lieben auch das, denn eine Folge der seltenen Fährfahrten ist: Juist hat quasi keine Tagesgäste, wie die meisten der anderen Inseln. Legt die Fähre wieder ab, kehrt Ruhe ein auf der Insel. Wer mit dem Boot kommt, übernachtet in der Regel auf der Insel mindestens einmal.
Juist war nie ein Urlaubsschnäppchen. Schon in den 60er-Jahren waren „die Inseln“ teuer, boten aber schon damals einiges. Nicht alle können sich das leisten, es geht aber auch günstig. Man muss das, zum Beispiel bei Essen und Unterkunft, nur etwas mehr suchen.
Zwei Spiel nacheinander – in der Kreisklasse
Auch Fußballmannschaften haben kein Geld – zumindest die, die in den unteren deutschen Ligen kicken. Da tummelt sich auch der TSV Juist. Weil Ebbe und Flut, und damit der Fährplan nicht immer zum Spielplan einer Liga passen, die ihre Punktspiele in der Regel an den Wochenenden hat, kommen manchmal auch zwei Gegner an einem Tag auf die Insel.
So war der TSV Juist eine der wenigen Kreisklasse-Mannschaften, die im heimischen Stadion „Dünenkessel“ erst ein Punktspiel über 90 Minuten gegen Gegner A und dann, nach einer guten Stunde Pause, noch das zweite Spiel gegen Gegner B machte.
Unabhängig vom Niveau ist ein Besuch im Insel-Stadion ein Erlebnis. Die Sprache der Sturm- oder Abwehrreihen hängt beim TSV Juist in der Regel von der aktuellen Zusammensetzung der Nationalitäten der Bediensteten in den Gästereinrichtungen ab.
Fähren der Reederei Frisia sollen Konkurrenz bekommen
Aktuell sollen die seltenen Juist-Fähren der Reederei Frisia allerdings erstmals Konkurrenz bekommen. Das finden nicht alle gut. Ein Inselgastronom ärgerte sich aber angeblich derartig darüber, dass der Fahrplan der Frisia-Fähren ihm die Insel an einem Pfingstsonntag quasi „leergesaugt hat“, was nicht gut für seine Gästefrequentierung war. Deswegen hat er den „Töwerland-Express“ ins Leben gerufen: Ein kleines Boot, dass nur wenige Personen mitnehmen kann, dass aber während einer Flut-Phase schneller und damit häufiger Juist von Norddeich Mole ansteuern soll.
Das dürfte noch nicht die Massen an Tagesgästen auf die Insel spülen, deren Zahl aber erhöhen oder den Tagesausflug nach Juist überhaupt erst möglich machen. Denn wer das machen wollte, musste bisher fliegen. Abflugort ist der kleine Flughafen etwas weiter rechts von den Fähranlegern von Norddeich.
Und der selten länger als zehn Minuten dauernde Flug von der Küste auf die Insel ist das fast noch größere Erlebnis als ein Doppelheimspiel des TSV Juist. Gebäck und Getränke werden nicht gereicht, wenn sich neben den Piloten noch rund sechs weitere Personen in die engen Maschinen zwängen.
Das Wattenmeer von oben – immer wieder faszinierend
Klicken die Gurte, geht’s auch schon mit viel Propellerkrach los. Der Blick von oben auf das Wattenmeer ist immer wieder faszinierend! Je nach Wind muss die Rollbahn auf Juist anders angeflogen werden. Manchmal dauert’s dadurch ein paar Minuten länger, was die spannendere Variante ist. Langweilig ist das nicht! Wie eigentlich nichts auf Juist. Oder sehen das nicht alle so...?
Insel-Informationen
Juist: www.juist.de,
(035) 80 98 00
, E-Mail an service@juist.de
Fähre: www.reederei-frisia.de
Flug: von Norddeich: www.inselflieger.de, von Braunschweig oder Salzgitter: manchmal bieten Privatpiloten, die Flugstunden nachweisen müssen, einen Mitflug an, um die Spritkosten zu reduzieren.
PS: Der Autor dieses Artikels hat am 4. Mai (hoffentlich) selbst sein „Perfektes Wochenende“: Er feiert an diesem Tag seinen 50. Geburtstag auf Juist.