Wolfenbüttel. Pfarrer Eggers kritisierte die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in der Kirche. Nicht nur Bürgermeister Lukanic schaltet sich ein.

Für den Pfarrer Matthias Eggers von der Gemeinde St. Petrus in Wolfenbüttel verlief die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche zu langsam. Er kritisierte das Bistum Hildesheim gegenüber der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung. Nun reagierte Bischof Heiner Wilmer und bat offenbar Pfarrer Eggers, sein Amt niederzulegen, sogar von einem drohenden Amtsenthebungsverfahren sei die Rede. Das sorgt in Wolfenbüttel für Empörung und Protest - nicht nur bei den Katholiken.

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„Der Wille zur schonungslosen Aufklärung und Aufarbeitung ist weiterhin nirgends wirklich vorhanden“, sagte Matthias Eggers der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung. „Es gibt überall viele schöne Worte, aber immer nur so viele Taten, bis die Öffentlichkeit das Interesse verliert.“ Aufklärung werde nur dann vorangetrieben, wenn Druck durch die Öffentlichkeit oder Betroffene aufgebaut werde.

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In Wolfenbüttel regt sich nun großer Widerstand, nicht nur aus der Petrusgemeinde, die am Sonntag um 11 Uhr zu einer Solidaritätskundgebung aufruft unter dem Motto „Licht ins Dunkel bringen“. Bürgermeister Ivica Lukanic wendet sich in einem offenen Brief an Bischof Heiner Wilmer. Die türkisch-islamische Gemeinde signalisiert uneingeschränkte Unterstützung des Pfarrers und dankt dem Bürgermeister für den offenen Brief. In Lukanics brief heißt es, Matthias Eggers sei ein „Aufklärer, der mit Strahlkraft und Mut durch sein proaktives Handeln, das Vertrauen der Gemeindemitglieder und über die Gemeinde hinaus das unserer Stadtgesellschaft genießt.“ Der Diskurs dürfe nicht durch „personelle Maßnahmen“ beendet werden.

(Archivbild) Bischof Wilmer soll den Wolfenbütteler Pfarrer Matthias Eggers dazu aufgefordert haben, sein Amt niederzulegen.
(Archivbild) Bischof Wilmer soll den Wolfenbütteler Pfarrer Matthias Eggers dazu aufgefordert haben, sein Amt niederzulegen. © dpa | Julian Stratenschulte

Lukanic bezeichnet Eggers Initiative als mutig und notwendig zur Aufklärung von Missbrauchsfällen. Den Vorwurf des Bischofs, dem Volk Gottes großen Schaden zuzufügen, kehrt Lukanic um: So sei es Bischof Wilmers selbst, der mit seiner „völlig übertriebenen Reaktion“ Schaden zufüge. Weiter heißt es:

Wolfenbüttels Bürgermeister Ivica Lukanic.

„Sie zementieren die Sprachlosigkeit der Opfer, wenn Sie ihnen die Stimme, die ihnen durch Fürsprecher wie Herrn Eggers gegeben wird, angreifen und befördern die Verschwiegenheit der Täter.“

Bürgermeister Ivica Lukanic

Pfarrer Eggers‘ Kritik trifft Bistum Hildesheim schwer

Dem Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer warf Eggers vor, Verantwortung aus der Hand gegeben zu haben. Eigentlich hätten die Deutsche Bischofskonferenz und der Beauftragte der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs 2020 vereinbart, dass jede Diözese eine Aufarbeitungskommission einsetzt. „Bischof Heiner Wilmer hat sich aber dafür entschieden, eine Kommission auf Metropolie-Ebene einzusetzen.“ Eine ehrenamtliche Kommission mit Zuständigkeit für die Bistümer Hildesheim, Osnabrück und das Erzbistum Hamburg sei aber kein guter Weg und zudem völlig überfordert.

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Ihn persönlich habe die Ankündigung Bischof Wilmers zu Beginn seiner Amtszeit, „jeden Stein umdrehen zu wollen“ , beeindruckt, sagte Eggers. Wilmer habe sich so klar wie kein anderer deutscher Bischof für die Aufarbeitung ausgesprochen. Im Laufe der Jahre habe Eggers aber feststellen müssen, dass diese Ankündigung „offensichtlich nicht mehr gilt. Da wurde eine verbale Fassade errichtet, die nun der Realität nicht mehr standhält“.

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Seine innere Not und Verzweiflung über dieses Unterlassen brächten in nun dazu, seine Haltung öffentlich zu machen, sagte Eggers der Zeitung. Er stammt aus Hildesheim. „Dass unser Bistum an vielen Stellen weiter ist als andere Diözesen, haben wir Bischof Heiner Wilmer zu verdanken. Aber darauf dürfen wir uns nicht ausruhen.“

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