Hannover. Das Kultusministerium präferiert aber individuelle Lösungen am Schulstandort. Der Landesschülerrat hält Vorgaben vom Land dagegen für zwingend nötig.

Niedersachsens Kultusminister hat sich offen für einen späteren Start in den Schultag gezeigt. Das Land habe lediglich festgelegt, dass die Schule nicht vor 7.30 Uhr beginnen dürfe, sagte Grant Hendrik Tonne (SPD) der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Darüber hinaus lassen wir bewusst viel Spielraum für Entscheidungen vor Ort.“ Wichtig sei, dass es ein breites Einvernehmen „innerhalb der Schulgemeinschaft, mit den Eltern und insbesondere mit dem Schulträger“ gebe.

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Ein großes Thema, das berücksichtigt werden müsse, sei zudem die Schülerbeförderung. Da der Busverkehr in einem Flächenland wie Niedersachsen überall anders organisiert sei, „bin ich für individuelle und abgestimmte Lösungen und gegen zentrale Vorgaben“, sagte Tonne.

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Vorstoß von Vorsitzendem des Landesschülerrats in Niedersachsen

Der Vorsitzende des Landesschülerrats, Malte Kern, wiederholte gegenüber unserer Zeitung seine Kritik an dem teilweise zu frühen Unterrichtsbeginn. Er hält eine Regelung ab 8 Uhr für angemessen, alles andere sei zu früh in einem Flächenland wie Niedersachsen. Kern spricht auch aus eigener Erfahrung. Der Wendeburger, der jetzt in die 12. Klasse kommt, fährt morgens mit dem Bus zur Schule nach Vechelde, dort startet die Schule um 7.30 Uhr. Er verlasse das Haus um Viertel vor sieben, andere noch früher. „Die sitzen dann schon im Bus, wenn ich zusteige“, sagt Kern. Gefühlt, so der Schülersprecher, verschliefen viele die ersten Stunden des Unterrichts.

Auch Schlafforscher halten einen zu frühen Unterrichtsbeginn für wenig hilfreich, wenn es darum geht, das Erlernte zu behalten. Insbesondere ab 12 Jahren verändere sich der Rhythmus, wann Kinder zu Bett gingen und wann sie einschlafen würden. Je früher morgens die Schule starte, desto weniger konzentriert und aufnahmefähig seien Schülerinnen und Schüler.

Dass es in der Frage um den richtigen Unterrichtsbeginn nicht nur Schwarz und Weiß gibt, sondern auch ein Grau, davon weiß auch Schülersprecher Kern zu berichten. „In Niedersachsen gibt es eine große Spanne beim Schulbeginn. Die liegt zwischen 7.30 Uhr und 8.30 Uhr. Es herrschen also unterschiedliche Bedingungen.“ Dennoch sieht Kern beim Kultusministerium Handlungsbedarf. Er fordert einen Erlass, dass der Schulstart zumindest nicht vor 8 Uhr erlaubt sein soll.

Die Argumentation von Tonne, der Unterrichtsbeginn müsse sich auch am regionalen Busverkehr orientieren, hält Kern für einen Vorwand, auf eine landesübergreifende Regelung zu verzichten. Er spricht sich hier auch für mehr politischen Druck gegenüber den Busbetreibern aus. Schließlich seien es die Schüler, die morgens, zumindest in ländlichen Regionen, die Mehrheit der Kundschaft stellen würde. Flexiblere Fahrpläne, um einem späteren Unterrichtsbeginn Rechnung zu tragen, wäre daher nicht zu viel verlangt. brey/DPA

Zwei Volontärinnen unserer Zeitung haben sich in einem Pro & Contra der Frage angenommen:
Soll der Schulbeginn morgens nach hinten verschoben werden? Hier ihre Positionen:

Pro von Stine Hasenforther

Stine Hasenforther.
Stine Hasenforther. © regios24 | Stefan Lohmann

Im Winter morgens aufstehen, in aller Früh zur Schule fahren, im Klassenzimmer ankommen, draußen in die Dunkelheit blicken – und dann soll man sich konzentrieren? Das aufmerksame Zuhören fällt bekanntermaßen schwer, wenn einem die Augen fast zufallen.

Kinder und Jugendliche sind Studien zufolge oft übermüdet. Sie benötigen durchschnittlich mindestens acht Stunden Schlaf, gehen dafür aber tendenziell zu spät ins Bett. Folgen des frühen Schulbeginns sind daher Defizite wie mangelnde Konzentrations- und Leistungsfähigkeit. Eine Stunde mehr kann schon dazu beitragen, die Aufmerksamkeitsspanne zu verlängern. Den Schulstart auf 9 Uhr zu verschieben, kann demnach eine effektive Methode sein, um eine angenehmere Lernatmosphäre zu schaffen, sowohl für die Schüler als auch für die Lehrer. Da viele Arbeitszeiten mittlerweile flexibel gestaltet werden können, mag ein späterer Schulbeginn in vielen Fällen auch Eltern zugutekommen.

Ein weiterer Faktor, der besonders in den finsteren Wintermonaten zum Tragen kommt, ist der Schulweg. Welche Eltern haben schon ein gutes Gefühl dabei, ihre Kids am Morgen in die Dunkelheit zu schicken? Denn so ein Schultag ist besonders lang für diejenigen, die morgens noch einen Fußmarsch vor sich haben oder sich womöglich noch in einen überfüllten Schulbus setzen müssen, der Dutzende von Haltestellen abklappert.

Contra von Angelina Friedel

Angelina Friedel.
Angelina Friedel. © Angelina Friedel

Zunächst einmal klingt es verlockend: Eine Stunde länger schlafen. Dass diese eine Stunde aber Auswirkungen auf den ganzen weiteren Tagesverlauf haben kann, ist vielen Befürwortern des späteren Schulbeginns nicht klar.

Berufstätige Eltern mit Kindern werden bei einem Schulstart um 9 Uhr vor logistische Herausforderungen gestellt. Wer bringt die Kinder dann in die Schule, wenn die Eltern selbst eigentlich schon bei der Arbeit sein müssen? Nicht in jeder Familie gibt es Großeltern, die diese Aufgabe übernehmen können. Zwar bieten einige Grundschulen bereits eine Betreuung ab den frühen Morgenstunden an, diese fällt aber meist ab dem 12. Lebensjahr weg. Es wird dann Schulkinder geben, die morgens auf sich allein gestellt sind.

Vor allem für die älteren Jahrgänge verlängert sich darüber hinaus der Schultag bei einem späteren Schulbeginn. Nur mit viel Unterricht in den Nachmittagsstunden lässt sich das Regelstundenpensum in den Oberstufen bewältigen. Doch bereits jetzt haben viele Schüler und Schülerinnen aufgrund langer Schultage, langer Busfahrten zurück aufs Dorf, Hausaufgaben und Lernen für Klassenarbeiten wenig Zeit für die Hobbys nach der Schule. Die Frage, wann die beste Zeit für den Schulbeginn ist, sollten die Schüler und Schülerinnen selbst für sich beantworten. Über eine Umfrage wird jede Schule dann die für sich beste Lösung finden.