Hannover. Mancherorts geht es nach wochenlanger Vorbereitung mit den Impfungen los. Ministerpräsident Weil bewertet “Impfgipfel“ als positiv.

Trotz Lieferengpässen bei den Impfstoffen haben die ersten Corona-Impfzentren in Niedersachsen den Betrieb aufgenommen. Am Montag wurden unter anderem auf dem Messegelände in Hannover die ersten Spritzen gesetzt. „Das ist alles gut durchdacht hier“, lobte der 85 Jahre alte Siegfried Rohde die Organisation in Hannover. Er habe für seinen Termin nur rund eine halbe Stunde benötigt, die Impfung selbst sei „wie die Grippeschutzimpfung“ gewesen. Auf politischer Ebene wächst wegen der Impfstrategie allerdings der Druck auf Gesundheitsministerin Carola Reimann (SPD).

Weil mit "Impfgipfel" zufrieden

Den Berliner „Impfgipfel“ bewertete Niedersachsens Ministerpräsident Stephans Weil derweil positiv. Die Vertreter der Pharmakonzerne hätten glaubhaft versichert, dass sie maximalen Einsatz in der Produktion der Impfstoffe zeigten, sagte der SPD-Politiker nach den Beratungen von Bund, Ländern, Herstellern und EU-Vertretern am Montag. „Es bleibt allerdings dabei, dass wir vor allem im ersten Quartal viele Impfwünsche noch nicht erfüllen können, weil die Lieferungen dafür nicht ausreichen.“

Mit dem zweiten Quartal bestehe die begründete Hoffnung, dass sich die Liefermengen deutlich erhöhen werden. „Gegen Ende des dritten Quartals werden wir dann - da bin ich zuversichtlich - tatsächlich allen impfwilligen Menschen in Deutschland ein Impfangebot machen können“, meinte Weil.

Insgesamt gibt es in Niedersachsen 50 Impfzentren. In einigen Fällen verzögert sich ihr Start aber wegen der Lieferengpässe. Neue Termine konnten nach Angaben des Gesundheitsministeriums seit Freitag nicht angeboten werden. Tausende Senioren stehen schon auf der Warteliste. Anmelden können sich Frauen und Männer, die 80 Jahre und älter sind, online unter impfportal-niedersachsen.de oder telefonisch über die Hotline mit der Nummer 0800 9988665.

Mehrere Tausend Impfungen am Tag - wenn genug Impfstoff da ist

Das Impfzentrum auf dem Messegelände in Hannover hat eine Kapazität von anfangs 450 Impfungen am Tag. Wenn es verlässlich mehr Impfstoff gebe, seien aber auch mehrere Tausend Impfungen am Tag möglich, sagte Regionspräsident Hauke Jagau (SPD). Er bezeichnete den Auftakt als „Licht am Ende eines Tunnels, der noch ganz schön lang sein wird“.

Der Sozialverband (SoVD) forderte angesichts der Probleme, die Terminvergabe per Hotline und Internet einzustellen. Stattdessen sollten den Senioren feste Termine per Post mitgeteilt werden. „Besser ist es, das Ganze an die Kommunen abzugeben, die dann direkt Termine bei ihren Impfzentren machen“, sagte SoVD-Landesgeschäftsführer Dirk Swinke.

FDP forderte Wechsel an der Spitze des Gesundheitsministeriums

Die Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN), Martina Wenker, sprach sich dafür aus, die Schulen für einen gewissen Zeitraum komplett zu schließen. „Wir sollten jetzt konsequent handeln, da die Impfungen in Aussicht sind“, sagte die Lungenfachärztin. Der Kinder- und Jugendarzt Thomas Buck, Mitglied im ÄKN-Landesvorstand, warnte, 20 Prozent der Kinder könnten in ihrer Entwicklung abgehängt werden.

Die FDP hatte am Wochenende bereits einen Wechsel an der Spitze des Gesundheitsministeriums gefordert. Fraktionschef Stefan Birkner warf Ministerin Reimann „eine Reihe von einzelnen Versäumnissen“ vor, unter anderem bei den Infobriefen zu den Impfungen, die teils auch an Verstorbene gingen, und bei der Organisation der Terminvergabe.

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Vize-Ministerpräsident Bernd Althusmann (CDU) schloss sich der Forderung nicht an, mahnte aber am Montag: „Wenn wir weiterhin erfolgreich durch die Krise kommen wollen, muss das besser organisiert sein.“ Es gebe „noch eine ganze Menge Luft nach oben“.

Bisher wurden in Niedersachsen rund 196 000 Corona-Impfungen verabreicht, darunter sind knapp 45 000 Zweitimpfungen. Die Landesregierung macht für den langsamen Fortschritt der Impfungen ausstehende Lieferungen der Impfstoffproduzenten verantwortlich.

Anderer Verteilschlüssel könnte helfen

Ein anderer Verteilschlüssel könnte nach Berechnungen des Statistischen Landesamts helfen, die Risikogruppen schneller mit Impfungen zu versorgen. Statt den Impfstoff wie bisher entsprechend der Gesamtzahl der Bewohner in die Regionen zu geben, wäre eine Verteilung „entsprechend des Anteils der Bevölkerung im Alter ab 80 Jahren oder der Anteile der Pflegebedürftigen in Heimen“ wirksamer, heißt es in einer Mitteilung des Statistikamts vom Montag.

Profitieren würden davon vor allem Wilhelmshaven, Uelzen, Lüchow-Dannenberg und Südniedersachsen. Insbesondere die Kreise Cloppenburg und Vechta bekämen hingegen weniger Impfstoff als bisher.

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