Hannover. Am Wochenende wird der Atommüll-Transport aus dem britischen Sellafield ins hessische Biblis erwartet. Zu gefährlich, so Polizeigewerkschafter.

Nach Start des Castor-Transports mit Atommüll aus dem britischen Sellafield in das Zwischenlager im hessischen Biblis hat die Gewerkschaft der Polizei (GdP) erneut einen Stopp gefordert. Noch ist unklar, wann der Transport per Schiff Deutschland erreicht - Atomkraftgegner erwarten, dass das am Samstagmorgen in Nordenham der Fall sein könnte. Von dort geht der Transport über die Schiene bis ins Zwischenlager Biblis.

Polizeigewerkschaft hält Infektionsrisiko bei Großeinsätzen für zu hoch

Die Gewerkschaft der Polizei kritisierte, angesichts der Corona-Pandemie sei es unnötig, riskant und unverhältnismäßig, dass ausgerechnet jetzt ein Großeinsatz stattfinden solle. Es müsse möglich sein, den Transport in Norddeutschland zu unterbrechen. Ein Spezialschiff mit sechs Castoren von der Wiederaufbereitungsanlage Sellafield mit Ziel Biblis startete am Dienstagabend.

Die Begleitung des Castors binde Tausende Polizisten in Hessen und Niedersachsen sowie von der Bundespolizei und halte die Beamten von dringenderen Aufgaben ab, meinte die Gewerkschaft der Polizei. Außerdem würden sie einem gesteigerten Infektionsrisiko ausgesetzt. Die Bundesregierung dürfe nicht die Gesundheit der Polizeibeschäftigten aufs Spiel setzen. „Die Überprüfung der Corona-Auflagen wird auch von der Polizei durchgeführt“, sagte der GdP-Landesvorsitzende Niedersachsen, Dietmar Schilff.

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Sicherheitsbehörde haben Hygienekonzept für Polizisten erarbeitet

Für den Castor-Transport durch Deutschland haben die Sicherheitsbehörden unterdessen für die eingesetzten Polizisten wegen der Corona-Pandemie ein umfassendes Schutzprogramm entwickelt. Die eingesetzten Beamten müssten stets Schutzmasken tragen, auch in den Einsatzfahrzeugen, sagte die Sprecherin des Hessischen Landeskriminalamtes, Virginie Wegner, am Donnerstag zum Einsatzkonzept der Landespolizei. Für den Fall, dass Übernachtungen nötig würden, seien Einzel- und Doppelzimmer vorgehalten.

Auch die Bundespolizei hält Einzel- und Doppelzimmer vor. Die Beamten seien auf das Virus getestet worden, sagte Michael Schuol von der Bundespolizei in Hannover. Man gehe davon aus, dass es in den Reihen der Polizei kaum Infektionen gebe. Zudem sei mit wesentlich weniger Menschen auf den Straßen zu rechnen, sagte er mit Blick auf den auf November befristeten Teil-Lockdown. Auch diese Einschränkungen müssten neu bewertet werden. „Wir müssen nicht mit Tausenden von Leuten an der Straße stehen.“ Bei Störaktionen werde das Infektionsrisiko natürlich größer.

Castor-Transport wird aller Wahrscheinlichkeit nach stattfinden

Trotz aller Bedenken der Polizeigewerkschaften und des niedersächsischen Innenministeriums vor dem Hintergrund der steigenden Infektionszahlen bereiten sich die Sicherheitskräfte auf den Transport durch Deutschland vor. Gegner kündigten bereits Protestaktionen und Mahnwachen an.

„Das ist keine Sache, die man von heute auf morgen absagen kann“, sagte Dietlinde Petrick vom hessischen Umweltministerium, das die zuständige atomrechtliche Aufsichtsbehörde des Landes ist.

Deutschland muss aufgrund internationaler Verpflichtungen seinen im Ausland wiederaufbereiteten Atommüll zurücknehmen. Noch heute lagern in den Wiederaufbereitungsanlagen im französischen La Hague und im britischen Sellafield Castoren mit radioaktiven Abfällen aus deutschen Atomkraftwerken. Bis 2011 wurden diese im Zwischenlager im niedersächsischen Gorleben untergebracht. Jetzt müssen sie dezentral gelagert werden.

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