Hannover. Der Landtag in Hannover ist am Donnerstag erneut regulär zusammengekommen. Diskutiert wird über kriminelle Clans, Kindesmissbrauch und Mobilität.

Der niedersächsische Landtag hat am Donnerstag seine Sitzung in Hannover mit Beratungen über die Situation in der Fleischindustrie und das Verbot von Werkverträgen fortgesetzt. Außerdem ging es um die Bekämpfung krimineller Familienclans, den Kampf gegen sexuellen Kindesmissbrauch sowie den weiteren Kurs des Landes in der Corona-Krise.

Landesregierung unterstützt Verbot von Werksverträgen in der Fleischindustrie

Die Landesregierung unterstützt nach anfänglicher Skepsis des Agrar- und Wirtschaftsministeriums den Plan des Bundes zum Verbot von Werkverträgen in der Fleischindustrie. „Die Selbstverpflichtung ist gescheitert, wir brauchen einen Systemwechsel“, sagte Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) am Donnerstag im Landtag in Hannover. Die Arbeit in Schlacht- und Zerlegebetrieben solle wie geplant ab Anfang kommenden Jahres nur noch von Beschäftigten des eigenen Unternehmens geleistet werden.

Der Lohn müsse den Beschäftigten voll ausgezahlt werden und es dürfe keine pauschalen Abzüge etwa für die Unterbringung geben. Außerdem solle eine manipulationssichere Zeiterfassung eingeführt und sichergestellt werden, dass ein Verbot von Werkverträgen von der Fleischbranche nicht unterlaufen werden kann. „Fleisch ist ein teures Produkt und vielleicht gehört zur Wahrheit, dass wir für Fleisch, wenn wir es denn essen wollen, künftig mehr bezahlen müssen“, sagte Althusmann. Er reagierte auf eine Grünen-Anfrage zum Kurs der Regierung bei der Frage von Werkverträgen in der Fleischbranche.

Jörg Bode von der FDP sieht kriminelle Energie im Umgang der Fleischbranche mit ihren Beschäftigten

Es gehe nicht an, dass Dänemark Werkvertragskonstruktionen wie in Deutschland verboten habe und der Fleischriese Danish Crown daraufhin nach Deutschland ausgewichen sei, weil es so billig ist, sagte Althusmann. Beispielhaft für den Umgang mit den meist osteuropäischen Werkvertragsarbeitern nannte er Fälle aus der Region Hannover, wo ein Muttersprachler erkrankte Arbeiter zu einem ausgesuchten Arzt gebracht hätte, damit dieser sie für gesund erklärt. Blieb der Arbeiter krank, wurde auf eine zu Arbeitsbeginn unterschriebene Eigenkündigung zurückgegriffen, um keinen Lohn fortzuzahlen.

Der FDP-Abgeordnete Jörg Bode sprach von einer kriminellen Energie in der Fleischbranche, weshalb ein Verbot von Werkverträgen nicht ausreiche. Nötig sei bei Verstößen auch „eine nachhaltige und schmerzliche Strafe“, um die Ausbeutung von Menschen in der Fleischindustrie zu beenden. Die Gefahr sei, dass statt Werkverträgen ein anderes Konstrukt für eine Fortsetzung dieser Beschäftigungsform gesucht werde. Der AfD-Abgeordnete Stefan Henze forderte ebenfalls ein Durchgreifen in der Branche. „Es muss Schluss sein mit der fast sklavengleichen Behandlung der Arbeiter.“

„Die Missstände in der Fleischindustrie kann niemand mehr leugnen, auch die CDU nicht“, sagte die Grünen-Abgeordnete Miriam Staudte. „Nur muss die Landesregierung diesen Erkenntnissen allerdings auch Taten folgen lassen.“ Absichtserklärungen und Verweise auf den Bund seien im Agrarland Niedersachsen zu wenig. Noch immer nämlich äußere Althusmann in der Debatte zum Werkvertragsverbot Bedenken.

Grüne fordern eine Mobilitätsprämie in der Corona-Krise

Debattiert wird außerdem über einen Vorschlag der Grünen zur Schaffung einer Mobilitätsprämie in der Corona-Krise, die zum Kauf eines Fahrrads oder einer Jahreskarte für den öffentlichen Nahverkehr genutzt werden können soll. Nach Vorstellung der Grünen sollen Privatleute bis zu 800 Euro erhalten, die auch für Teil-Auto-Angebote oder Monatskarten der Bahn genutzt werden können.

Auf gewerblicher oder kommunaler Ebene soll die Mobilitätsprämie zur Anschaffung von Lastenfahrrädern mit und ohne Elektroantrieb genutzt werden können und bis zu 3000 Euro betragen. Die Prämie soll nach Idee der Grünen bis Ende 2021 gezahlt und danach bewertet werden, zunächst sollen 80 Millionen Euro dafür vorgesehen werden. Ob sich dafür eine Mehrheit im Parlament findet, ist allerdings offen.

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