Göttingen. Nach dem Corona-Ausbruch in Göttingen lässt die Stadt Hunderte von Bewohnern eines Hochhauskomplexes testen. Die endgültigen Ergebnisse stehen aus.

Nach den ersten beiden Tagen des Massentests unter den Bewohnern eines Hochhauses in Göttingen ist die Gesamtzahl der nachweislich mit dem Coronavirus Infizierten in der Stadt vorerst nur geringfügig gestiegen. Die Auswertung der meisten Tests liege noch nicht vor, sagte Sozialdezernentin Petra Broistedt am Samstagabend. Bis Samstag wurden 300 der 600 offiziell gemeldeten Bewohner untersucht. Nach den vorliegenden Ergebnissen seien drei davon positiv getestet worden.

Der Gebäudekomplex am Rande der Innenstadt gilt als Schwerpunkt des Corona-Ausbruchs. Die Stadt geht davon aus, dass Regelverstöße bei Privatfeiern von Großfamilien zum muslimischen Zuckerfest die Ursache sind. Im Zusammenhang damit waren bis zum Freitag bei 120 Menschen Infektionen bekannt geworden, darunter bei 39 Schulkindern.

Sozialdezernentin spricht von uneinsichtigem, unverantwortlichem Verhalten

Sozialdezernentin Broistedt hatte die Verstöße gegen die Abstands- und Hygiene-Vorschriften bei den privaten Feiern als „uneinsichtiges, unverantwortliches Verhalten“ bezeichnet. Die Mehrzahl der Beteiligten stammt nach Angaben der Stadt aus dem früheren Jugoslawien. Nach unwidersprochenen Angaben handelt es sich zu einem Großteil um muslimische Roma.

Der „Roma Center e.V.“ in Göttingen beklagte unterdessen eine zunehmende Hetze. Es habe zum Zuckerfest eine behördlich genehmigte Zusammenkunft der Familien in einer Moschee gegeben, heißt es in einer Mitteilung. Dort seien die Abstands- und Hygieneregeln eingehalten worden. Weitere Feierlichkeiten habe es nicht gegeben.

Nicht alle Infizierten nahmen an Feiern teil

In einem als „Gegendarstellung“ betitelten Facebook-Post, der mit „die betroffenen Familien“ unterzeichnet ist, wird der Vorwurf, es habe beim Zuckerfest zum Abschluss des muslimischen Ramadan private Feierlichkeiten gegeben, zurückgewiesen.

Broistedt zeigte sich verwundert. Die Informationen, dass zum Zuckerfest private Feiern stattgefunden hätten, stammen nach ihren Angaben von Mitgliedern der betreffenden Familien, sagte sie am Samstag. Zwar hätten nicht alle 120 der Infizierten an den Feiern teilgenommen. Die Teilnehmer hätten das Virus allerdings verbreitet.

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Nach Corona-Ausbruch in Göttingen: Schulen und Kindergärten geschlossen

Nach dem Corona-Ausbruch sind in Göttingen sämtliche Schulen und einige Kindertagesstätten geschlossen worden, weil sich unter den Infizierten auch viele Kinder und Jugendliche befinden. Allen Vereinen wurde der Trainings- und Wettkampfbetrieb von Mannschaft-Sportarten untersagt. Viele Infizierte und Kontaktpersonen sind aktive Sportler.

Die Schulen sollen zwar am Montag unter strengen Auflagen wieder den Betrieb aufnehmen können. Allerdings muss eine größere Zahl von Schülerinnen und Schülern für zwei Wochen in häusliche Quarantäne. Betroffen sind Jungen und Mädchen, die mit infizierten Kindern in Kontakt gekommen sein könnten. Insgesamt befinden sich nach Angaben der Verwaltung in Göttingen derzeit mehrere Hundert Menschen in behördlich angeordneter Quarantäne. Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler (SPD) schloss am Abend weitere Einschränkungen nicht aus. Die Stadt mache dies vom Verlauf des Infektionsgeschehens abhängig.

Eltern nach Corona-Ausbruch gegen Schulöffnung in Göttingen

Der Elternrat in Göttingen hat sich nach dem Corona-Ausbruch in der Stadt gegen eine Öffnung der Schulen am Montag ausgesprochen. Die Entscheidung, ob die Schüler am Präsenzunterricht teilnehmen oder zu Hause lernen, solle alleine von den Erziehungsberechtigten getroffen werden, forderte der Stadtelternrat am Sonntag. Die Verantwortung für das Wohl der Schüler liege nicht beim Kultusministerium oder anderen Behörden. Eine uneingeschränkte Öffnung der Schulen bei steigenden Infektionszahlen spreche zudem für ein „unzureichendes Krisenmanagement“ der Stadt. dpa

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