Hannover. . Spätestens mit 65 Jahren ist Schluss mit der Erwerbsarbeit. Schön wäre es, denn: Dieser Grundsatz gilt für immer weniger Menschen.

Die Zahl der erwerbstätigen älteren Niedersachsen steigt weiter an. Nach einer Erhebung des Landesamts für Statistik (LSN) waren im vergangenen Jahr rund 113.700 Menschen im Alter von 65 oder mehr Jahren erwerbstätig. Dies sind etwa viermal so viele wie fünf Jahre zuvor.

Immer mehr Menschen arbeiten im Rentenalter

Die Entwicklung spiegele die schrittweise Anhebung der Regelaltersgrenze von 65 auf 67 Jahre, heißt es dazu im aktuellen Statistischen Monatsheft. Es gebe die Tendenz, dass immer mehr ältere Menschen über den eigentlichen Rentenbeginn hinaus erwerbstätig sind, "solange die Gesundheit mitspielt".

Viele müssen ihre Rente aufbessern

Nach Einschätzung des Deutschen Gewerkschaftsbunds hängen die gestiegenen Zahlen vor allem mit dem gestiegenen Armutsrisiko älterer Menschen zusammen. "Viele sind darauf angewiesen, ihre mickrige Rente mit Nebenjobs aufzubessern", sagte der Vorsitzende des DGB-Bezirks Niedersachsen, Bremen, Sachsen-Anhalt, Mehrdad Payandeh, der Deutschen Presse-Agentur.

Anteil liegt bei sieben Prozent

Als erwerbstätig im statistischen Sinn gelten alle Menschen ab dem 15. Lebensjahr, die pro Woche mindestens eine Stunde lang gegen Entgelt oder im Rahmen einer selbstständigen oder mithelfenden Tätigkeit arbeiten. Der Anteil der Erwerbstätigen im Rentenalter liegt demnach inzwischen bei rund sieben Prozent. Vor zehn Jahren betrug diese Quote noch 3,2 Prozent. Seither sei sie kontinuierlich angestiegen.

DGB-Vorstand Payandeh macht dafür in erster Linie die zunehmende Altersarmut verantwortlich. Seinen Angaben nach hatten im Jahr 2005 in Niedersachsen noch 11,6 Prozent aller Rentnerinnen und Rentner ein Einkommen unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle. Im vergangenen Jahr seien es bereits 17 Prozent gewesen. Das sei eine Zunahme der Altersarmut um 47 Prozent. "In keiner anderen Personengruppe ist die Armut so rasant angestiegen", sagte Payandeh.

DGB fordert: Niedriglohnsektor austrocknen

Gründe für die zunehmende Altersarmut sieht der Gewerkschaftsbund vor allem in niedrigen Löhnen, befristeten Jobs oder Brüchen im Erwerbsleben der Beschäftigten aufgrund von Erziehungs- und Pflegezeiten oder Arbeitslosigkeit. Hinzu komme "eine verfehlte Rentenpolitik, die auf die Absenkung des Rentenniveaus und mehr selbst finanzierte private Vorsorge setzt", sagte Payandeh. "Gute tarifliche Löhne und eine starke gesetzliche Rente sind die Grundvoraussetzung, um Armut im Alter vorzubeugen", meint der DGB-Landes-Chef. Er fordere daher, den Niedriglohnsektor auszutrocknen, prekäre Beschäftigung zurückzudrängen und die gesetzliche Rentenversicherung zu stärken. Bei der Berechnung der Rente müssten zudem geringe Arbeitseinkommen aufgewertet werden.