Von Zeit zu Zeit erreichen Mails und Briefe die Redaktion, in denen ungefähr folgendes steht: Wir hatten unsere Gäste aus Frankreich (oder USA) zu Gast hier bei uns in Braunschweig, es ging lustig zu, die Stadt zeigte sich von ihren besten Seiten – bis wir ins ... hineinwollten. Oder ins ...

Jedenfalls änderte sich die Stimmung prompt. Abgewiesen vorm Club. Die einen kommen rein. Und für die anderen aus der gleichen, bis eben noch fröhlichen Gruppe heißt es: Du kommst hier nicht rein.

Da leidet die gute Laune. Und, ehrlich gesagt, weltoffen und souverän ist es nicht. Mag ja sein, dass mancher sich locker-leicht damit tut, Menschen nach ihrem Äußeren zu beurteilen, einzuteilen, zu klassifizieren und auszusortieren, ich tue es nicht.

Diskriminierung beginnt sehr früh. Es gibt Studien, nach denen bis zu 90 Prozent der „normalen“ Bevölkerung Gedanken hegen, die Menschen anderer Herkunft und Hautfarbe ausgrenzen und diskriminieren könnten. Dies ist übrigens nicht nur bei uns der Fall. Es gilt überall und wird als subtiler, latenter, übrigens auch durch Kultur wirksam gezähmter Rassismus bezeichnet. Wir sollten uns darum kümmern, dass er nicht in offene, aktive Ausgrenzung umschlägt.

Besser mal hinschauen. Im Zweifelsfall die Kontrolleure schicken. Wenn sie als Testkäufer Geschäftemacher kontrollieren, die Jugendlichen Alkohol verkaufen, dann hat ja auch keiner was dagegen. Also dann gern auch amtliche Club-Tester „mit sichtbarem Migrationshintergrund“. Warum nicht? Wer nicht diskriminiert, hat schließlich nichts zu befürchten.

Wir können über Meinungen streiten – und dazu gehört es, die andere Meinung so zu respektieren wie die eigene. Gut so. Und vielleicht irre ich. Aber sollten wir Menschen wie dich und mich wirklich einer Türpolitik unterziehen? Wollen wir wirklich Gesichtskontrollen haben, nach welchen Kriterien auch immer? Hautfarbe, Geschlecht, Alter? Vor allem: Wer bestimmt’s?

Ich werde in diesem Kommentar ganz sicher keine unpassenden Vergleiche anstellen. Aber es gibt etwas, das mich in der Auseinandersetzung mit Geschichte schon lange beschäftigt und nicht loslässt: Was können Menschen anrichten, die Macht bekommen? Man muss sie kontrollieren.

Die Qualifikation so eines Türstehers interessiert mich deshalb schon. Na klar, eine gewisse Robustheit wird man voraussetzen dürfen. So ein Club ist kein Ponyhof, vor allem nicht zwischen Mitternacht und Morgen. Da kannst du keine Grundsatzdiskussionen führen und Kommissionen bilden. Schon klar.

Aber im Umgang mit Menschen, wenn sie sich vernünftig benehmen, haben wir heute doch schon gewisse zivilisierte Standards: Achtung, Respekt, Menschenwürde. Du kommst hier nicht rein? Das ist unter unserer Würde.

Da sagt der Geschäftsmann cool: Mein Publikum suche ich mir selbst aus. Besser gesagt: meine Kundschaft. Sie sollen sich schließlich wohlfühlen. Und wenn die Kunden dann sagen, damit sie sich wohlfühlen, bitte nur noch blond? Tja, da ist dann halt die Grenze. Geht nicht, sorry.

So ist es in unserer Kultur geregelt, dem Geschäft wird sehr viel untergeordnet, aber halt nicht alles. Es ist zumutbar, Menschen wie Menschen zu behandeln.

Dazu gehört es, dass sie sind, wie sie sind. Machen wir doch bitte einmal gemeinsam ein Gedankenexperiment. Stellen wir uns vor, wie es ist, nicht reingelassen zu werden, wenn man gern reinmöchte. Einfach nur rein. Drinnen gemütlich mit ein paar Freunden abhängen, feiern, was trinken. Bisschen quatschen.

Der Typ da schaut dir ins Gesicht und sagt: Du kommst hier nicht rein. Keine Diskussion. Nur mal angenommen. Das findest du nicht wirklich gut. Da schwillt dir der Kamm.

Ganz ehrlich, so ist der deutsche Gastronom auch eigentlich nicht. Wenn ich in eine vernünftige Wirtschaft gehe, sag’ ich Hallo, klopfe bei den Leuten auf den Tisch – und die grüßen freundlich zurück. Der Wirt hat schon seine Meinung über die Leute, aber er ist Menschenfreund. Mach dich nicht wichtiger als du bist. Das ist angenehm. Da kommt man wieder.

Gewiss auch eine Frage des Alters, zugegeben.

Doch auch auf dieses Glatteis sollte man sich in der Argumentation dann besser nicht begeben. Wenn den Jüngeren eine andere Nase schon nicht zumutbar ist, was soll dann bloß werden? Nein, nein, geschenkt. Lasst die Kirche im Dorf. Zu den zumutbaren Risiken unserer Freizeitgesellschaft kann es gehören, sich auch mal mit so etwas wie Toleranz zu beschäftigen. Das schadet nicht.