Zur Kolumne „Dumme Energiepolitik“ vom 30. Mai 2020:

Ich bin mir nicht so sicher, ob „der Konter“ ernst gemeint war oder ob damit provoziert werden sollte – hier im Braunschweiger Weltatomerbe. Herr Kaufmann schreibt „Grund für den überhasteten Ausstieg aus der Kernenergie war bekanntlich 2011 ein Tsunami 9000 Kilometer östlich von Berlin.“ Haha, wie lustig. Ist ihm nicht bekannt, dass es 1986 auch einen Reaktorunfall gab, der zwar auch etliche Kilometer östlich von Berlin passierte, aber enorme Auswirkungen auch auf Deutschland hatte? Sollte Herr Kaufmann damals schon gelebt haben, durfte er z. B. nicht im Sandkasten spielen oder Pilze sammeln. Die Forderung nach dem Atomausstieg gab es also schon lange, denn es gab ja nicht nur die Reaktorunfälle in Fukushima und Tschernobyl. Nein, da gab es auch welche westlich von Berlin z. B. 1957 in Windscale (heute Sellafield) und 1979 in Harrisburg. Von dem Unfall Pfingsten 1978 im tiefen Westen dieses Landes – im Forschungsreaktor Jülich – durch den es zu einer lokalen, aber hohen Strontium-90-Kontamination des Bodens und wohl auch des Grundwassers kam, haben damals allerdings auch die schon Geborenen nichts mitbekommen, das wurde erst 1999 bekannt. Aber es gab ja noch viel, viel mehr Reaktorunfälle, das sind ja nur die bekannteren. Einfach mal googeln.

Beim Atomkraftwerkbau überzeugten dann die hohen Summen an Fördergeldern, die der Minister den Energiekonzernen zur Verfügung stellte. Hat Herr Kaufmann diese Kosten auch beim Atomstrompreis berücksichtigt? Und warum gibt es für die Entwicklung von regenerativen Strom nicht auch so viele Fördergelder? Und wie sieht es mit den Kosten für die „Entsorgung“ des Atommülls aus, den die Atomkraftwerke produzieren? Und wo soll der überhaupt hin? Der erste Versuch ist ja jämmerlich gescheitert, wie hier in der Region rund um die Asse bekannt sein sollte. Aber das müssen ja nicht die Energiekonzerne zahlen, die „Sanierung“ von Asse II zahlen natürlich die SteuerzahlerInnen. Deshalb wurden die Kosten auch sicherlich nicht beim Atomstrompreis, den Herr Kaufmann nannte, berücksichtigt. Und da ist ja noch die Europäische Atomgemeinschaft Euratom (seit 1957), an die die Bundesregierung allein seit 1984 fast vier Milliarden Euro zahlen musste und trotz Ausstieg weiter einzahlt, allein 2019 rund
80 Millionen Euro – aus deutschen Steuermitteln. Das wird also auch nicht auf den Preis für den Atomstrom geschlagen. Was den Import von Strom angeht, so exportierte Deutschland laut Bundeswirtschaftsministerium im Jahr 2019 72,4 Milliarden kWh Strom in seine Nachbarländer, während
39,8 Milliarden kWh Strom importiert wurden. Es wird also mehr exportiert als importiert.

Natürlich müssen wir auch aus der Kohleverstromung raus, sie ist absolut keine Alternative. Die Inbetriebnahme des Steinkohlekraftwerks Datteln 4 vor ein paar Tagen ist der Neueinstieg in eine Steinzeittechnologie. Aus aktuellem Anlass hätte Herr Kaufmann darauf auch konkret hinweisen können. Und noch ein Hinweis: Atomenergie ist nicht CO2-neutral.

Eleonore Bischoff, Wolfenbüttel

Zum Interview „Wir müssen die Halde leer bekommen“ vom 2. Juni:

Herr Scheuer fordert jetzt also auch eine weitere Abwrackprämie, damit die Autobauer ihre auf Halde produzierten Autos endlich los werden. Erstaunlich, denn sonst sind die Politiker aus dem liberal-konservativen Lager doch mit dem Leitspruch „Der Markt regelt das“ unterwegs. Marktwirtschaftlich wäre, die Hersteller senken ihre Preise. VW und andere deutsche Hersteller konnten dank der sehr guten Nachfrage die Preise und Gewinne auf sehr hohem Niveau stabilisieren (so dass die Betrugsstrafgelder in Milliardenhöhe weltweit quasi aus der Portokasse bezahlt werden können). Anstatt die Fördermittel an zukunftsfähige Produktionsweisen und Produkte zu knüpfen, soll jetzt also Umweltverschmutzung mit Steuermitteln gefördert werden. Das ist (Entschuldigung für das Wortspiel) einfach nur bescheuert.

Axel Klein, Wolfenbüttel