Alle Leserbriefe beziehen sich auf den Zwischenruf „Öko-Heuchelei im Wald“ vom 11. Oktober:

Ich stimme Herrn Kaufmann zu, dass die Bäume nicht 12 000 Jahre alt sind und dass es sich bei dem Hambacher Wald nicht um den letzten großen Mischwald in Mitteleuropa handelt. Der restliche Artikel enttäuscht mich, so dass ich ihn in die Populismus-Schublade der erwähnten Twitter- und Facebook-Zitate stecke.

Es ist richtig, dass die Rodung des Hambacher Walds vor sehr vielen Jahren beschlossen wurde. Genauso richtig ist, dass RWE den Braunkohlebedarf künstlich dreimal höher ansetzt, als das Ergebnis einer aktuellen Bedarfsstudie ergeben hat. Genauso richtig ist, dass RWE die Rodung für 5 Jahre aussetzen könnte, ohne für einen Engpass am Strommarkt zu sorgen. Genauso richtig ist, dass es bei der Rodung nicht nur um 100 m² Wald geht, sondern um ein Abwägen von gesellschaftlichen gegen wirtschaftliche Interessen. Und nicht zuletzt ist es genauso richtig, dass Deutschland erneuerbar ist. Wir brauchen weder Atom- noch Kohleenergie. Was wir brauchen, sind mutige und visionäre Politiker.

Stefan Begerad, Braunschweig

Gut recherchierter Kommentar

Ich muss Herrn Kaufmann loben. Einmal kommen von ihm so gute Israel Artikel. Ich bin zwar in der Minderheit, aber als Israel-Fan finde ich das einfach nur toll. Dann hat er jetzt über den Hambacher Forst geschrieben, auch wieder gut recherchiert. Sie können dankbar sein, dass Sie Herrn Kaufmann haben.

Elke Klug, Schöningen

Aufforstungen können den Wald nicht ersetzen

Ich bin entsetzt, dass Herrn Kaufmann so viele Zeilen zugestanden werden, um über die „Hysterie der Baumretter“ zu lästern!

Wer glaubt denn, dass diese angeblich geplanten Aufforstungen durch RWE einen Wald ersetzen können, der seit 12 000 Jahren dort steht (!), wenn auch die ältesten jetzt noch dort stehenden Bäume nur (!) 350 Jahre alt sind? Solche gewachsenen Ökosysteme sind doch dann für immer verloren. Und selbst wenn die Fläche, um die es hier geht, nur halb so groß wie der Braunschweiger Westpark ist – es geht doch auch um’s Prinzip: dass ein Konzern nicht einfach Tatsachen schaffen darf, bevor die rechtliche Seite völlig geklärt ist!

Die „physikalische Tatsache, dass Atomausstieg und CO² Anstieg zusammenhängen“, mit der Herr Kaufmann seine Kollegin von den Salonkolumnisten zitiert, scheint mir eher eine „schöne Ideologie“ zu sein. Es gibt doch auch Formen der erneuerbaren Energie – warum sollte ich, als Gegnerin von Kohle- und Atomkraft, zum Hambacher Forst also schweigen?

Antje Döring, Braunschweig

Endlich einmal Klartext

Ein großes Lob dieser Zeitung und dem Redakteur Johannes Kaufmann für diesen Artikel. Endlich einmal Klartext und nicht dieses sonst übliche linksgrüne politkorrekte Gesülze. Herr Kaufmann nimmt kein Blatt vor den Mund und bezeichnet die Baumbesetzer als das, was sie wirklich sind: gewaltbereite Linksextremisten. Auch die Politiker der Linkspartei werden so gezeigt, wie sie sind: umweltberührt (kann man ja sein), aber faktenavers. Insgesamt ein hervorragender Beitrag.

Günther Hoffmann, Helmstedt

Es geht um einen zukunftsfähigen Weg

Johannes Kaufmann ist dem Leser dieser Zeitung als ein Journalist bekannt, der sich bei seinen Reportagen und Kommentaren zu umweltbezogenen Themen weniger von Gefühlslagen als von Fakten leiten lässt. Das ist manchmal schwer auszuhalten, gerade wenn sich vermeintlich umweltbewusste Verhaltens- und Sichtweisen als ineffektiv oder sogar kontraproduktiv herausstellen. Bei seinem letzten Kommentar „Öko-Heuchelei im Wald“ hat er den Bogen jedoch überspannt. Verantwortung tragenden Politikern „jegliche Sachkompetenz“ abzuerkennen ist mehr als eine Politiker-Schelte und provoziert nur jene zu zustimmendem Kopfnicken, die sich von den „Etablierten“ eh nicht (mehr) vertreten fühlen. Grenzwertig wird es jedoch, wenn er im Hambacher Forst ausschließlich ideologisch verblendete „fäkalienwerfende Fanatiker“ ausmacht, die offensichtlich irgendwie nur dämlich sind. Sind dann auch die vielen Braunschweiger bekloppt, die sich am kommenden Wochenende gegen die Erweiterung des Braunkohletagebaus durch Ausübung ihres Demonstrationsrechtes einsetzen wollen? Damit jedoch nicht genug: Umweltbewegte Menschen, organisiert in Parteien oder Verbänden werden verantwortlich gemacht für die weitere Braunkohleverstromung, weil sie sich für den Atomausstieg eingesetzt haben. Das ist ein Witz und populistisch zugleich! Wenn ich mich gegen fossile Energieträger ausspreche, dann beschreite ich einen zukunftsfähigen Weg. Dass Solarenergie im großen Stil nicht das Allheilmittel ist aufgrund der Ineffizienz, ist genau so klar wie die bestehende Problematik des Transportes von wetterabhängiger Windenergie oder die zusätzlich anfallende Gülle durch den Betrieb von Biogasanlagen – um nur einige Beispiele zu nennen. Nicht zuletzt natürlich auch die Farce von dem „0-Gramm-CO2- Ausstoß“ von Elektroautos.

Dennoch steht hinter allem eine Utopie, die es politisch zu fördern, demokratisch zu begleiten und journalistisch sachgerecht zu beschreiben gilt. Das tut Herr Kaufmann in diesem Fall nicht.

Michael Aepkers, Braunschweig

Üble Heuchelei der Umweltverbände

Lieber Herr Kaufmann! Herzlichen Glückwunsch zu ihrem Artikel über die Öko-Heuchelei verschiedener Umweltverbände. Selbstverständlich benötigen alle die Umweltverbände Strom, um ihre Computer zu betreiben, die Büros zu erleuchten und um ihre Netzwerke zu unterhalten usw. Meiner Kenntnis nach ist aber kaum ein Mitarbeiter dieser Organisationen für Stromerzeugung zuständig.

Sie erwähnen die geradezu lachhaften Äußerungen von Katja Kipping und Sarah Wagenknecht, aber diese Form der Aussagen hat Methode: Denn der Zweck heiligt ja die Mittel. Dabei wird übersehen, dass die Methode bereits Ziel des Zweckes ist. Ein paar Beispiele. Vor etlichen Jahren hat die Organisation Grüner Friede (sonst bekannt als die ständigen Besserwisser Greenpeace) bei der Ölbohrinsel Brent Spar bewusst falsche Angaben gemacht und das auch zugegeben. Und wer erinnert sich nicht an die Aktion dieser Leute vor ein paar Monaten: Da wurde an dem VW-Hauptgebäude ein Kreuz als Zeichen für den Untergang des Dieselmotors angebracht. Transportiert wurde das Kreuz aber auf einem Diesel-LKW. Das ist allerdings typisch für diese Leute. Wir dürfen das tun, was ihr nicht sollt. Wer erinnert sich bei dieser Methode nicht an George Orwells Farm der Tiere, wenn die Schweine argumentieren: Alle Tiere sind gleich, aber es gibt Tiere, die sind gleicher als alle. Als Mensch, der schon in jungen Jahren in seinen Schulferien Hunderte von Bäumen gepflanzt bzw. zu deren Gunsten Schutzmaßnahmen mitgebaut hat, kann ich diese Argumentation um den Hambacher Forst nur als übelste Heuchelei empfinden und alle Leser auffordern, sich selbst ein eigenes Bild ohne fremde Indoktrination zu machen.

Dieter Höhne, Braunschweig

AKW-Ausstieg bedeutet nicht Braunkohle-Einstieg

Ist das der neue Stil dieser Zeitung: „faktenaverse Politiker“, „wohlstandsverwahrloste Stadtkinder“, „fäkalienwerfende Fanatiker“? Ich fände das schade. Und dann noch das alte Märchen, dass der AKW-Ausstieg den Braunkohle-Einstieg bedeutet!? Gähn...

Jürgen Scharberth, Sickte

Schlimmste deutsche Vergangenheit lässt grüßen

Herr Kaufmann verdient höchsten Respekt und Anerkennung für diesen gut recherchierten Artikel. Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen! Außer vielleicht, dass es einem Angst machen muss, dass Parteien mit Heucheleien, antidemokratischen Verhaltensmustern und dem Einsatz von gelernten Krawallmachern auch noch (oder schon wieder) Wähler gewinnen

können. Da lassen Rechtspopulisten und die schlimmste deutsche Vergangenheit grüßen.

Reinhard Polke, Braunschweig

Lösungen brauchen faktenbasierte Kompromisse

Bravo! In diesem Leitartikel ist Herr Kaufmann ja (wieder) zu wirklich großer Form aufgelaufen! Nun ist ein Leitartikel ja immer meinungsorientiert (wenn auch laut Wikipedia in der Regel im Einklang mit der Tendenz des Mediums). Dennoch muss ich zugeben, dass ich mir noch etwas mehr Fakten gewünscht hätte. Nach der Lektüre weiß ich ja, dass im Wald anwesend waren: hysterische Baumretter, wohlstandsverwahrloste Stadtkinder, gewaltbereite Linksextremisten, fäkalienwerfende Fanatiker, Lobbyisten aus Politik und Umweltbewegung. In anderen Medien habe ich auch von anderen Gruppen gelesen, wie zum Beispiel Familien, die sich angeblich in um die Zukunft ihrer Kinder sorgten. Aber vielleicht handelt es sich dabei ja auch um Berichte der „Lügenpresse“.

Aber im Ernst: Dass die Klimarelevanz des Hambacher Forsts wohl kaum nachweisbar sein dürfte, ist mir natürlich klar. Angesichts der Entwicklung der gesellschaftlichen Diskussionskultur frage ich mich aber auch, wie denn die notwendigen Kompromisslösungen für Probleme zukünftig noch erzielt werden können. Meines Erachtens kann dies nicht auf Basis von Polemik, sondern nur von Fakten erfolgen. Dass wir (noch) eine Tageszeitung beziehen, geschieht in der Hoffnung auf faktenbasierte und unabhängige Informationen. Seit einiger Zeit fühlen wir uns immer wieder in dieser Hoffnung enttäuscht. Es tröstet mich auch nicht, dass Herr Kaufmann der dem Bild nach deutlich länger vom Klimawandel betroffen sein wird als ich.

Dass ich mich (seit meiner Jugend) als konservativen Menschen bezeichne, ist nicht zuletzt dem Dogmatismus geschuldet und der Selbstgefälligkeit, mit der damals Linke (und diesem Spektrum zugehörige Grüne) ihre Botschaft als gottgegeben gut und richtig postulierten. Konservativ heißt für mich, dass mir der Erhalt unserer Lebensgrundlagen nicht nur für die nächsten 20 Jahre wichtig ist. Als Ingenieur sind mir die Eigenschaften der Exponentialfunktion vertraut. Angesichts unseres derzeitigen Lebensstils stellt sich mir die Frage, wie abrupt dieser denn einmal beendet werden soll. Welche gesellschaftlichen Verwerfungen wollen wir in Kauf nehmen? Woher soll dann das Geld für die notwendigen Maßnahmen kommen, wenn wir es in dieser Wachstumsphase nicht schaffen? Wollen wir wirklich die Entwicklung zukunftsfähiger Technologien den USA und China überlassen? Wo werden deutsche Unternehmen dann ihre Autos verkaufen? Wie kann es sein, dass VW einen XL1 baut, angesichts drohender CO2-Grenzwerte aber nicht in der Lage ist, ein massentaugliches energieeffizientes Pendlerfahrzeug zu entwickeln? Mittelfristig schaden diese Versäumnisse unserer Region nicht nur ökologisch, sondern vorher bereits ökonomisch.

Klaus-Joachim Arndt, Braunschweig