Zu „Kastration ohne Betäubung von Ferkeln – Verbot ist verschoben“ vom 8. Oktober:

Tieren Schmerzen zufügen, ist grundsätzlich verboten. Im Tierschutzgesetz gibt es dazu aber zahlreiche Ausnahmen, interessanterweise nicht für die Kastration junger Schweine (Paragraf 5, Absatz 3, Fassung vom 29.03.2017, da werden nur Rinder, Schafe und Ziegen aufgezählt). Allerdings kann das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft weitere Ausnahmen von der Betäubungspflicht per Rechtsverordnung erlassen, wenn der Bundesrat zustimmt. Und das scheint es (und er) dann ja auch irgendwann einmal getan zu haben, sonst müssten wir uns bzw. sie sich jetzt nicht damit herumschlagen.

Interessant sind die Informationen in dem Artikel zur Praxis anderer Länder: Belgien, Australien, Brasilien, Spanien, Irland, Niederlande, Dänemark – alle gehen unterschiedliche Wege, wenden aber keine Kastration ohne Betäubung an. Und in Deutschland verkauft Aldi Nord seit Januar 2017 kein Schweinefleisch von kastrierten Tieren.

Aber der deutschen Landwirtschaft bzw. den Sauenhaltern unter ihnen ist es seit 2013 nicht gelungen, Ersatz für die schmerzhafte Prozedur zu finden? Welch ein Armutszeugnis!

Das erinnert an die Autoindustrie, die bei den von ihnen produzierten Autos die strengeren Abgaswerte einfach durch Abschalte-Einrichtungen unterlaufen hat. Beide – Landwirtschaft wie Autoindustrie – können sich auf „ihre“ Bundesregierung verlassen, sie knickt erneut vor der mächtigen Lobby ein. Und da wundern sich CDU, CSU und SPD, dass ihnen die Wähler*innen davonlaufen?

Roswitha Ristau, Braunschweig

Betäubungslose Kastration könnte sofort beendet werden

Ebenfalls dazu:

Fünf Jahre hatten die Ferkelproduktionsbetriebe Zeit, sich auf das Verbot der betäubungslosen Kastration von Ferkeln einzustellen und mit ihren Verbänden entsprechende Maßnahmen vorzubereiten, um ab dem 1. Januar 2019 praktikable Alternativen zu dieser Tierquälerei in die Realität umzusetzen. Aber nein – „rechtzeitig“ zum 4. Oktober, dem internationalen Tag des Tierschutzes – müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass die Große Koalition in Berlin entschieden hat, das Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration um weitere zwei Jahre zu verschieben.

Ob nun die chirurgische Kastration unter Vollnarkose, oder eine Hormonbehandlung mit dem Tierarzneimittel Improvac, bei der die Produktion von Geschlechtshormonen der Tiere zuverlässig unterdrückt wird und das seit Mai 2009 ein EU-weit zugelassener Impfstoff ist, oder ob die Ferkelhalter sich für die Jungebermast entschieden hätten: Allemal wäre es möglich gewesen, bis Ende 2018 die tierquälerische betäubungslose Kastration von Ferkeln endgültig zu beenden, da alle drei Möglichkeiten zur Vermeidung dieses schmerzvollen Eingriffs lange bekannt sind.

Daher ist es ein Trauerspiel, dass die Große Koalition unter dem Gejammer der Agrarlobby eingeknickt ist und mit ihrer Entscheidung hinnimmt, dass innerhalb der nächsten zwei Jahre weiteren circa 40 Millionen Ferkeln ohne Betäubung – bei vollem Bewusstsein und bei vollem Schmerzempfinden – beide Hoden mit einem scharfen Messer entfernt werden.

Natürlich würden die Qual und das Leid für Millionen von Tieren in den Ferkelfabriken ein Ende haben, wenn immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher auf den Konsum von Schweinefleisch ganz und gar verzichten oder sich bei ihrem Einkauf von Fleisch ausschließlich für Bio-Betriebe entscheiden. Aber vor allem dürfen sich die politischen Entscheidungsträger doch nicht aus der Verantwortung stehlen, wenn Tierschutz und Mitgeschöpflichkeit zugunsten von wirtschaftlichen Interessen mit Füßen getreten werden.

Vera Steder, Dalldorf

Schweine werden nur als Sache gesehen

Zu demselben Thema:

Was tut man nicht alles dafür, dass der Mensch „lecker Fleisch“ auf den Teller bekommt! Seit ewigen Zeiten ist es erlaubt, die männlichen Ferkel ohne Betäubung zu kastrieren, damit das spätere Schweinefleisch keinen strengen Ebergeruch erhält! Jetzt ist aus Kostengründen die Gesetzesinitiative zu einem betäubten Entfernen der Hoden erneut verschoben worden, demnach erst in zwei Jahren. Die Schmerzen, die diese Tiere dabei erleiden müssen, spielen bei dieser Entscheidung keine Rolle! Immer wieder wird darüber diskutiert, dass der Mensch sich human gegenüber den Tieren, die er verzehrt, verhalten soll! Wobei human in diesem Zusammenhang natürlich auch sarkastisch klingt, wenn allgemein danach das Töten erfolgt! Die Realität sieht aber so aus, dass der schnöde Mammon über allem steht und die Schweine materiell nur als Sache gesehen werden! Der in der heutigen Zeit immer wieder kritisierte Werteverfall im Umgang miteinander macht auch vor der Tierwelt kein Halt!

Jochen Eckolt, Braunschweig