Alle Leserbriefe beziehen sich auf „Jeder soll Organspender werden“ vom 4. September:

Dass der Staat hier in die Freiheit des Einzelnen eingreift, halte ich nicht für den richtigen Weg. Der Grundgedanke des Spendens wäre damit nicht mehr gegeben. Stellen Sie sich einmal dieses Vorgehen bezogen auf den Datenschutz vor. Sie haben generell sämtlichen Aktivitäten/Daten zugestimmt, es sei denn, sie widersprechen? Undenkbar. Dass es leider zu wenig Organspender gibt, ist unumstritten. Mein Vorschlag wäre, hier nicht alle zu pauschalisieren, sondern die Organspende zu verknüpfen. Beispiel: Jeder, der den Führerschein erwerben möchte, erklärt sich auch bereit, Organspender zu werden.

Ich bin seit Jahren überzeugter Organspender. Jeder sollte sich bewusst machen, dass die Gesundheit keine Selbstverständlichkeit ist und ein jeder in die Situation kommen kann, auf einen Spender zu hoffen.

Mario Meißner, Salzgitter

Jeder kann der Organspende widersprechen

Endlich, sage ich, endlich wird auch in Deutschland über die Widerspruchslösung zumindest einmal nachgedacht und nachfolgend hoffentlich auch diskutiert. Dabei macht es Sinn, diese Problematik zu einer Gewissensfrage eines jeden Bundestagsabgeordneten zu machen, also ohne Fraktionszwang. Dies will letztlich auch Jens Spahn. Ich bin zu einhundert Prozent für die Widerspruchslösung, da sie den schwerkranken Menschen dient und diesen zu einem wieder lebenswerten Dasein verhilft. Es ist ja kein Zwang, denn jeder hat das Recht einer Organentnahme zu widersprechen, was – aus welchen Gründen auch immer – möglich sein muss. Außerdem ist ja nicht so, dass nun bei jedem sich anbahnenden Sterbefall gleich ein Chirurg mit Skalpell am Bett steht. Auch bei der Widerspruchslösung sind Organtransplantationen immer eine letzte Möglichkeit, den Kranken zu helfen, wie die Zahlen aus anderen Ländern zeigen. Aber gebt den Kranken diese Möglichkeit!

Klaus Hantelmann, Wolfenbüttel

In Spanien ist jeder Organspender, auch der Tourist

Die von Gesundheitsminister Spahn vorgeschlagene Regelung zur Organspende ist in der Tat die einzige Möglichkeit, die Wartezeiten auf ein Spenderorgan zu verkürzen bzw. überhaupt ein Organ noch zu Lebzeiten zu erhalten. Und wie immer und zugleich auch typisch deutsch: Kaum war der Vorschlag unterbreitet, schon wird eine riesige Diskussion losgetreten. Es wird von Verunsicherung der Patienten gesprochen; doch was die Patienten wirklich verunsichert, ist zuerst die Uneinigkeit selbst innerhalb der Partei! Und wer sich nicht alles zu Wort meldet? Der Ethikrat, natürlich auch die Opposition. Es ist schon erstaunlich, dass sich die Kirche noch nicht dazu geäußert hat. Nun wird wieder wie üblich monatelang diskutiert, bis das Thema in Vergessenheit gerät.

Doch all denen, die gegen diesen Vorschlag sind, sei gesagt, dass sie sich künftig überlegen sollten, wo sie ihren nächsten Jahresurlaub verbringen wollen. Denn wem etwas Ernsthaftes zum Beispiel in Spanien, Frankreich, Italien oder Österreich zustoßen sollte, dessen Leichnam kommt nicht vollständig nach Deutschland zurück. Denn in all diesen Ländern gilt, dass generell jeder Organspender ist – auch Ausländer!

Und noch etwas! Niemand weiß, was ihm die Zukunft bringt, und jeder kann urplötzlich von heute auf morgen ein Organleiden bekommen! Wenn dann der Arzt verkündet, dass die Wartezeit auf ein passendes Spenderorgan rund fünf Jahre beträgt, ist der Katzenjammer groß. Schließlich geht es um Leben und Tod!

Als vor etlichen Jahren die von Minister Spahn vorgeschlagene Regelung in Österreich eingeführt wurde, gab es dort gar keine Diskussion – ganz im Gegenteil. Seit der Einführung in Österreich hat sich die Wartezeit auf ein neues Organ drastisch verkürzt. Nur bei uns wird gestritten und es werden wie immer Bedenken angemeldet.

Hartmuth Elfenbüttel, Salzgitter

Ohne amtliche Stelle ist Missbrauch nicht ausgeschlossen

Solange es keine amtlich vereidigte Stelle gibt, bei der die Entscheidung eines Bürgers über die Organentnahme in seinem Fall abgerufen werden kann und muss, vorausgesetzt natürlich, dass er dort auch registriert ist, ist ein Missbrauch niemals ausgeschlossen, zumal bei einer solchen schwerwiegenden Maßnahme ja auch Geld eine Rolle spielt.

Ulrich Groß, Braunschweig

Widerspruch wird hoffentlich nicht übersehen

Das Vertrauen in die Organspende ist durch die immer wieder auftretenden Unregelmäßigkeiten bei der Zuteilung der Organe verloren gegangen. Wer über genügend Geld verfügt, scheint bei der Organzuteilung bevorzugt zu werden. Jüngstes Beispiel Niki Lauda, bricht wegen einer akuten Sommergrippe seinen Urlaub ab, begibt sich in ein Krankenhaus und erhält sofort eine Spenderlunge. Andere warten Monate oder Jahre auf ein Organ. Wo kommt die Lunge plötzlich her? Ist da jemand spontan gestorben oder gestorben worden? Ich hoffe nur, dass bei einer künftigen Widerspruchslösung der Zettel mit dem Widerspruch bei dem Toterklärten gefunden und nicht bei Organbedarf übersehen wird.

Carola Schmidt, Didderse

Lebensrettung geht vor Freiheit des Einzelnen

Endlich hat der Gesundheitsminister angesichts völlig unzureichender Zahlen an Organtransplantationen in Deutschland die Initiative ergriffen. Einerseits ist es wichtig, die Entnahme der Organe auf eine finanziell solide Basis zu stellen – ebenso den Zugang zu Spenderorganen zu verbessern. Die Widerspruchslösung ist der beste Ansatz dazu, schaut man nach Spanien, wo diese lange schon gilt. Dort wurde mit 46,9 Spendern pro eine Million Einwohner 2017 eine Bestmarke erzielt, wogegen Deutschland mit 10,4 pro eine Million Einwohner schwach abschneidet (Quelle Deutsches Ärzteblatt). Man bedenke, Spanien ist katholisch, hier ist es die katholische Kirche, die da Bedenken hat, ebenso die niedersächsische Gesundheitsministerin. Dafür habe ich absolut kein Verständnis – hier gilt es Leben zu retten statt die Freiheit des Einzelnen einzuschränken! Hoffentlich wird Herr Spahn sich durchsetzen und das Gesetz in Kraft setzen – jeder Deutsche wird dann bestimmt angeschrieben und kann sich dagegen entscheiden.

Dr. Ulrich Bernd Koch, Braunschweig

Mein Körper gehört mir

Mein Körper gehört mir und nicht dem Staat! Die Macht des Staates darf Grenzen nicht überschreiten, die unverhandelbar bleiben müssen! Sollte das Bundesgesundheitsministerium mit seiner neuen Idee durchkommen, würde dies eine der wichtigsten Bastionen persönlicher Freiheit dem Erdboden gleichmachen. In meinen Gedanken spielt sich ein Horrorszenario ab, wenn ich mir vorstelle, welche Türen dem Staat danach offen stehen würden. Nur unsere Advokaten könnten sich freuen, denn die mit jeder Widerspruchslösung unweigerlich einhergehende Problematik muss ja vielfach geklärt werden! Wollen wir unsere Gerichte mit irrsinnigen Streitereien über das Besitzrecht unserer Innereien wirklich zusätzlich belasten? Das Leben ist ein Geschenk und sollte es bleiben! Ich befürchte Spahns Vorschlag würde genau das – wenn auch ungewollt – konterkarieren.

Rüdiger Reupke, Isenbüttel