Berlin.

Alle Leserbriefe beziehen sich auf den Leserbrief „Auch die Evolutionstheorie darf kritisch betrachtet werden“ vom 7. März:

Den Leserbriefen zu dem Artikel „Wie entstand die Welt“ kann man durchaus zustimmen, allerdings nur unter einer Bedingung: Wenn im Biologieunterricht neben der Evolutionstheorie mit ihren (noch) bestehenden Wissenslücken auch die Möglichkeit eines Schöpfers (einer Schöpferin) in Betracht gezogen werden sollte, dann möge man bitte gleichwertig das Wissen um all die schönen Schöpfungsgeschichten der alten Kelten, Germanen, Ägypter, Griechen und anderer Völker ebenfalls vermitteln. Diese sind nicht minder interessant und glaubwürdig als die Vorstellungen der Kreationisten. Wahrscheinlich wird sich ein noch religiös unvoreingenommener Schüler dann doch lieber für die Evolutionstheorie entscheiden. Diese ist immerhin eine aktuelle Theorie und keine der überlieferten Geschichten, die seit tausenden Jahren geglaubt werden.

Leider ist Glaube ziemlich resistent gegenüber Zweifel oder Argumenten und diffamiert deshalb gerne auch Wissenschaft als Glaube. Deren Fundament ist aber Zweifel und Argumentation.

Willi Bloch, Velpke

Mensch wird als Krone der Schöpfung stilisiert

Natürlich darf die Evolutionstheorie kritisch betrachtet werden, und sie wurde es für viele Jahrzehnte. Im Gegensatz zu allen anderen Theorien zur Entstehung und Weiterentwicklung der Arten kann die Evolutionstheorie mit in sich schlüssigen und wissenschaftlich erhobenen Daten untermauert werden. Demnach ist nach dem aktuellen Stand des Wissens die Evolutionstheorie die einzig gültige. Dies gilt bis zum Beweis, dass eine andere Theorie die beobachteten Phänomene besser beschreibt.

Die Schöpfungsgeschichte (auch nur eine Theorie!) hat den bequemen Vorteil, den Menschen aus seiner nahen äffischen Verwandtschaft zu befreien. Sie stilisiert den Menschen als Krone der Schöpfung und befreit den Menschen davon, „nur“ Teil der Natur zu sein. Und genau hier liegt die Gefahr des Kreationismus: Die Botschaft lautet, dass der Mensch auf Erden ohne Konsequenzen schalten und walten kann, denn er ist göttlichen Ursprungs. Mag sein, dass die Biologie zurzeit die Entstehung der Urzelle nicht zu erklären vermag, und diese (ebenso wie die Naturgesetze) göttlichen Ursprungs ist. Aber wäre dann nicht auch die Evolution als solche göttlichen Ursprungs? Bis zum Beweis des Gegenteils.

Jürgen Bruns, Grassel

Wissenschaft agiert teils fundamentalistisch

Evolution und Kreation: Beides sind nur Theorien. Die eine Theorie beruht auf Charles Darwin, die andere finden wir in den Texten des Alten Testamentes. Obwohl bereits Darwin zu seinen Lebzeiten sein größter eigener Kritiker war, weil er viele Lücken und Sprünge in seiner Theorie nicht erklären konnte, haben sich bald darauf Opportunisten seiner Theorie bemächtigt und sie schließlich zum Glaubenssatz erhoben, sicherlich nicht uneigennützig. Inzwischen hat sich die Evolutionstheorie trotz vieler fehlender Beweise in den Köpfen der etablierten Wissenschaft derart festgesetzt, dass jeder davon abweichende Gedanke bestenfalls lächerlich, eher schon gefährlich erscheint. Die Haltung der Anthropologen, Paläontologen und auch der Archäologen in den Hochburgen der Forschung, aber auch die in der Politik und in den Medien erinnert inzwischen sehr an religiösen Fundamentalismus. Wir brauchen, was vergessen scheint, eine nach allen Seiten offene und vor allem tolerante gleichberechtigte Forschung und keine erneute Inquisition wie im Mittelalter. Vergessen wir nicht die Worte des Physikers Werner Heisenberg: „Der erste Trunk aus dem Becher der Wissenschaft macht atheistisch, doch am Grund des Bechers wartet Gott.“

Dieter Nitsche, Wolfenbüttel

Wenden wir uns dem Leben auf der Erde zu

Einen Disput über Evolution und Kreationismus zu führen, kann nur gelingen, wenn die Diskutanten zwischen Wissenschaft und Ideologie unterscheiden können.

Sollte dies gelingen, steht am Ende die Frage nach der Entstehung des Urknalls. War es ein Schöpfungsakt von Gott – oder etwas anderes?

Da diese Frage keine der beiden Seiten zu beantworten in der Lage ist, kann man sich nun getrost der Entwicklung des Lebens auf der Erde zuwenden. Es ist eine spannende, wunderbare Geschichte.

Hermann Goldkamp, Braunschweig