Debatte des Tages. Freie Fahrt für das E-Auto: Experten diskutierten, wie die E-Mobilität in der Metropolregion vorankommt. Was meinen Sie? Reden Sie mit!

Motorengeknatter? Ein brummender Auspuff? Abgase? Von wegen! Seit Dienstag rollen die ersten Mitarbeiter des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes auf ganz leisen Reifen durch Wolfsburg. Unterstützt mit öffentlichem Mitteln sind ab sofort sechs VW mit Elektromotor im Einsatz.

„Wir wollen schauen, ob das gut geht“, erzählt Birgit Eckhardt, stellvertretende Vorsitzende des Paritätischen in Niedersachsen. Sollten sich die Stromer im Alltag beweisen, kann es gut sein, dass der Wohlfahrtsverband seine 500 PKW starke Flotte sukzessive durch Elektroautos ersetzt.

Das hört die Bundesregierung gerne, die bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf die Straßen bringen will. Doch von diesem hehren Ziel ist sie derzeit meilenweit entfernt. So wurden 2013 gerade einmal 6051 E-Autos in Deutschland neu zugelassen, 1048 davon in Niedersachsen.

Dennoch hält die Regierung tapfer an ihrem Ziel fest. „Ich bin sehr optimistisch, dass dieses Ziel erreicht werden kann“, meinte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium, Katherina Reiche (CDU), Dienstag auf dem Expertentreffen der Metropolregion Hannover, Braunschweig, Göttingen und Wolfsburg zur Elektromobilität. Gastgeber des „SchaufensterBlick 2014“ war Continental. Im Mittelpunkt standen rund 30 Projekte mit unterschiedlichen Fragestellungen und Lösungsansätzen zur Elektromobilität.

Seit 2012 ist die Metropolregion eines von vier Gebieten, das der Bund zum Schaufenster Elektromobilität ausgewählt hat. Dafür pumpt er knapp 40 Millionen Euro in die Region, weitere zehn Millionen schießt Niedersachsen hinzu. Zusammen mit dem Geld von Kommunen und Unternehmen fließen über 100 Millionen Euro in das Schaufenster E-Mobilität.

Doch Fördergelder allein werden den E-Fahrzeugen kaum zum Durchbruch verhelfen. Stefan Schostok, Aufsichtsratschef der Metropolregion, forderte den weiteren Ausbau von Stromtankstellen. Das sei nicht Sache der Kommunen. „Wir erwarten hier ein Engagement der Energie- und Fahrzeugwirtschaft“, sagte Schostok. „Wir müssen aufpassen, dass wir dieses Defizit nicht überbewerten“, meinte Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) mit Blick auf die bislang geringe Anzahl an Stromtankstellen. Seiner Meinung nach sind noch andere Wegbereiter für Strom-Autos wichtig: „Wir brauchen eine Regelung zur Kennzeichnung von emissionsarmen Fahrzeugen.“ Zudem kamen gestern Vergünstigungen wie Gratis-Parkplätze ins Gespräch.

Solche Anreize dürften auch nötig sein, da die Stromer bisher deutlich teurer sind als herkömmliche Fahrzeuge, bei den Reichweiten nicht mithalten können und die Erwartungshaltung der Bürger inzwischen getrübt ist. Dies geht aus der Mobilitätsstudie hervor, die Continental gestern vorgestellt hat. Demnach rechnen die Autofahrer nicht mehr mit einem so zeitnahen Umstieg auf E-Fahrzeuge wie noch 2011. Zudem würde es 72 Prozent der in der Studie Befragten stören, wenn sie ihr Auto alle 150 Kilometer aufladen müssten. Klaus Sommer von Continental sprach dabei von einer „Reichweitenangst“ der Bürger, die „völlig unbegründet“ sei.

„Wir haben das Ziel, Deutschland zum Leitmarkt für E-Mobilität zu machen“, hielt Reiche für den Bund fest. Da müsse die Öffentliche Hand bei der Beschaffung vorangehen.

So etwa die Polizei in unserer Region. Seit September 2013 können Ordnungshüter in Braunschweig und Hannover auf zehn elektrischen Fahrrädern, Pedelecs, patrouillieren. „Wir haben sehr gute Erfahrungen gemacht“, erzählt Polizeioberkommissarin Anke Dlugosch. Etwa in Kleingartenanlagen, wo man mit dem Auto nicht ohne weiteres hinkönne. Außerdem komme man so mit dem Bürger besser in Kontakt. Den plagen mitunter ganz grundlegende Fragen in Anbetracht der Zweirad-Polizei: „Wo ist das Blaulicht? Wer macht das Tatütata?“ Na wer wohl? „Das mache ich dann selbst“, sagt Dlugosch.