Debatte des Tages. Nach einer erneuten Abstimmungspanne müssen die niedersächsischen Piraten einen dritten Anlauf starten, um ihren Spitzenkandidaten zur Landtagswahl zu nominieren. Sind die Piraten politikfähig?

Nach mehreren Patzern beim Aufstellen der Kandidatenliste für die Landtagswahl in Niedersachsen bestimmen die Piraten ihren Spitzenkandidaten nun erst im August. Auf einem Parteitag am Wochenende in Wolfenbüttel seien zwar 30 Kandidaten gewählt worden, eine Reihenfolge der Listenplätze gebe es aber noch nicht, teilte die Piratenpartei am frühen Montagmorgen mit. Die Suche nach dem Spitzenkandidaten soll nun auf einem Parteitag am 25. und 26. August in Delmenhorst abgeschlossen werden.

Es wird der dritte Anlauf sein, die Piraten-Kandidaten für die Landtagswahl im Januar endgültig zu bestimmen. Im April hatte ein Parteitag erstmals eine Liste aufgestellt. Allerdings wurde diese annulliert, weil mindestens ein Pirat mitgestimmt hatte, der als Bürger eines anderen EU-Landes gar nicht wahlberechtigt war. Am Sonntag wählten bei einer ersten Abstimmung nach Angaben einer Sprecherin zwei Jugendliche unter 18 Jahren mit, die gar nicht hätten teilnehmen dürfen. Ergebnis: Die Wahl wurde für ungültig erklärt. (Hier geht's zum Kommentar "Zerreißprobe")

„Basisdemokratie kann zäh und sogar schmerzhaft sein - das haben die niedersächsischen Piraten an diesem Wochenende gelernt“, hieß es in der Pressemitteilung. Der Landesvorsitzende der Piraten, Andreas Neugebauer, sieht seine Partei durch die Probleme bei der Listenaufstellung nicht geschwächt. „Wenn eine solche Versammlung nur möglichst schnell vorbei sein soll, halte ich dies für ein merkwürdiges Demokratieverständnis“, sagte Neugebauer am Montag der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Hannover. Seine Partei sei weiter „extrem politikfähig“. „Für mich sind Abstimmungen im Bundestag wesentlich undemokratischer, wenn Gesetze in 57 Sekunden beschlossen werden, ohne dass sie sich einer durchgelesen hat“, sagte Neugebauer.

Die Bundespartei der Piraten bedauerte die Abstimmungspannen. „Es ist schade, dass es die Niedersachsen an diesem Wochenende nicht geschafft haben“, sagte die Bundespressesprecherin der Piratenpartei, Anita Möllering, am Montag der dpa in Berlin. Sie könne sich die Panne auch nicht erklären.

Da bis zur Landtagswahl im kommenden Januar aber noch genug Zeit sei, und der Termin für die endgültige Aufstellung der Kandidatenliste nun für August festgelegt sei, gebe es für Panik keinen Anlass. „Basisdemokratie ist eben nicht einfach“, sagte Möllering. „Sicherlich hätte man das vermeiden können.“ Sie zeigte sich dennoch überzeugt: „Alles wird gut.“

In Wolfenbüttel hatten die „Piraten“ am Sonnabend zunächst ausführlich über das Wahlverfahren diskutiert. Für 30 Listenplätze standen schließlich 65 Kandidaten zur Wahl. Die Vorstellung der Kandidaten zog sich dann bis in den Sonntag.

Für Kritik auch aus den eigenen Reihen hatten geplante Einschränkungen für die Arbeit von Journalisten beim Parteitag gesorgt. Sie beschränkten sich letztlich auf eine markierte „Private Zone“ in der Tagungshalle. Delegierte, die nicht gefilmt oder fotografiert werden wollten, konnten sich dort hinsetzen.