Berlin. Streit in der Ampel, Streit in der Partei. Die Grünen geben derzeit nicht das beste Bild ab. Das hat Gründe, sagt eine Journalistin.

Ob bei der Ampel-Koalition oder in Bayern: Die Regierungen sind (mal wieder) in Aufruhr. Woran das liegt und welche Konsequenzen die Verantwortlichen daraus ziehen sollten, diskutierte die Runde von Markus Lanz.

"Ein grandioser Fehlstart in die zweite Hälfte." So beurteilte FAZ-Journalistin Helene Bubrowski die jüngsten Streitigkeiten innerhalb der Ampel-Koalition und der Grünen. Konkret ging es um Blockade des Wachstumsgesetzes durch die Bundesfamilienministerin Lisa Paus, obwohl Grünen-Chef Robert Habeck dem Gesetzentwurf von Christian Lindner bereits zugestimmt hatte. Paus habe damit den Unmut großer Teile ihrer Partei auf sich gezogen, bemerkte Bubrowski am Mittwochabend bei Markus Lanz.

"Markus Lanz" – Das waren die Gäste:

  • Jürgen Trittin, (Politiker, Die Grünen)
  • Helene Bubrowski, (Journalistin, FAZ)
  • Elmar Theveßen, (Journalist, ZDF)
  • Roman Deininger (Journalist, SZ)

Es ist der erste Konflikt der Ampel-Koalition direkt nach der Sommerpause. Dabei hatten SPD, FDP und Grüne sich doch vorgenommen, jetzt alles besser zu machen. Doch durch ihre Blockade habe Paus den Vizekanzler, der hinter dem Gesetz stand, vorgeführt. "Es ist kein gutes Bild, das die Partei da abgegeben hat", sagte Bubrowski.

Eine Einschätzung, die auch Grünen-Urgestein Jürgen Trittin teilte. "Da stimme ich Ihnen zu", bekräftigte er die Journalistin in der Sendung. Trotzdem gehörte er zu den Grünen-Politikern, die Paus gegen Kritik den Rücken gestärkt hatten. "Sie war fast zehn Jahre lang unsere erste Finanzpolitikerin in der Fraktion. Sie kennt sich aus mit Finanzen", erklärte er.

Wo es bei den Grünen gerade besondere Probleme gibt

Markus Lanz sah in den innerparteilichen Uneinigkeiten vor allem einen Angriff auf die Autorität von Robert Habeck. Immerhin würde manche Medien sagen, dass es ein solches Verhalten unter Jürgen Trittin nicht gegeben hätte. "Das hätten Sie sich nie gefallen lassen", zitierte er.

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Damals sei die Situation einfacher gewesen, widersprach Trittin. "Wir hatten drei Minister, von denen zwei eigentlich das tun mussten, was das grüne Gesamtanliegen war."

Heute befinde sich das Machtzentrum die sogenannte Sechserrunde. Und genau hier läge das Problem, warf Journalistin Bubrowski ein. Es werde zwar viel beraten, aber nur "selten mit einer Stimme gesprochen". Sie habe den Eindruck, dass die Grünen trotz ihrer Entscheidung regieren zu wollen, "in ihren Strukturen immer noch aufgestellt sind, wie eine Partei, die nicht wirklich vorbereitet ist."

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SZ-Chefreporter über Aiwanger: Glaubwürdigkeit Stück für Stück beschädigt

Nicht wirklich vorbereitet, wirkte in den letzten Tagen auch der stellvertretende bayerische Ministerpräsident Hubert Aiwanger. "Man fragt sich, wer seine Krisenkommunikation macht", scherzte Bubrowski zu Beginn der Sendung noch. Aiwanger hatte in seinem neuesten Statement zu einer antisemtischen Hetzschrift aus seinem Umfeld erklärt, es könne vielleicht in der Jugendzeit das eine oder andere so oder so interpretiert werden. Seit dem Erwachsenenalter sei er allerdings "kein Antisemit, kein Extremist, sondern ein Menschenfreund." Eine klare Distanzierung klingt anders.

Aiwanger habe seine Glaubwürdigkeit durch seine Reaktion Stück für Stück beschädigt, meinte auch SZ-Chefreporter Roman Deininger. Er selbst möge Aiwanger und bekräftigte in der Sendung, dass der Politiker heute "nicht mit antisemitischen Aussagen aufgefallen" sei, selbst wenn er in seiner Rhetorik gerne die "rechtspopulistische Grenzregionen" erkunde.

Das Flugblatt jedoch "atmet einen antisemitischen, atmet einen naziverehrenden Geist". Umso erschreckender empfand der Reporter die Reaktionen von Aiwanger. Es scheint, als sei dem Politiker "nicht der Vorfall von früher unangenehm, sondern die Probleme, die heute daraus für ihn erwachsen".

Probleme, die er selbst noch vergrößere. Statt eine klare Erklärung abzugeben, ließ Aiwanger mehrere Anfragen der SZ unbeantwortet. Später trat dann sein Bruder vor die Presse und gab an, er habe das Flugblatt verfasst. Lesen Sie dazu: Hubert Aiwanger – die Geschichte eines Radikalen

"Einem 17-Jährigen gegenüber sollte man zu Milde fähig sein", bemerkte Deininger. "Aber den 52-Jährigen, der in einem so hohen Amt ist, den muss man streng betrachten." Problematisch sind die Veröffentlichungen auch für die CSU, die kurz vor der heißen Phase der Landtagswahl steht. "Der Wahlkampf hat ein Thema bekommen", schmunzelte auch Trittin. Über das "Themensetting: er isst gerne Fleisch. Nimmt an jedem Volksfest teil. Die Grünen sind böse – darüber redet kaum noch jemand."

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