Braunschweig. Kolumnistin Susanne Jasper hat seit einiger Zeit einen Familienguru, der über Filme doziert. Leider gibt es ihn nur im Youtube-Kanal.

Wir haben seit einiger Zeit eine Art Familienguru. Wolfgang M. Schmitt. Typ Dandy. Gegeltes Haar, edle Anzüge, dazu auffällig kombinierte Krawatten nebst Einstecktüchlein. Er sitzt stets vor Regalen voller Lexika, auf dem Tisch Bücherstapel, eine grünglasige Lampe, ein geschliffenes Glas mit einer dunkelbernsteinfarbigen Flüssigkeit darin. Er redet, nein: doziert auf seinem Youtube-Kanal mit sanft-wissendem Gestus über Filme. Unwiderstehlich. Aber auch ganz schön steil. Da rammt er zum Beispiel Til Schweiger mit eleganter, fast schon gezierter Verachtung in Grund und Boden, indem er ihn mit Adornos Jargon-Skalpell als eine kulturindustrielle Ausgeburt der ins Trostlose abgedrifteten Dekadenz spätbürgerlich-kapitalistischen Bürgerelends aufspießt. Als Kern eines schwermütigen Problemfilms arbeitet er Schopenhauers Theorie des Mitleids heraus, und einen Film über triste Weihnachtsferien in einem elitären Internat idealisiert er zur reinen Anschauung von Martin Bubers Ich-Du-Philosophie. Neulich kam ich aus dem Kino, der Film hatte mir gefallen. Sohn: „Beim Schmitt kam der aber nicht so gut weg...“ Ich: „Na und? War unterhaltsam. Und dein Schmitt ist ja wohl auch kein Filmgott mit irgendwie höheren Weihen, oder?“ Sohn: „Na ja, aber: unterhaltsam...?“ Subtext: „Geschmäcklerische Plattitüde. Argumentiere fundiert und geschliffen.“ Ich gab auf. Gegen unseren Guru kommst du eh nicht an.

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