Wann schreibt der erste Metzger den Spruch „Ich lebe Leberwurst“ an seine Ladentür?

Neulich fuhr ein Auto vor mir her, auf dessen Rückseite ich den Aufkleber „Wir leben Skoda“ entdeckte. Ob hier womöglich ein Mensch zu einer Bäckerei unterwegs war, die für sich den Spruch „Wir leben Brot“ neu entdeckt hat? Oder zu einer Werbeagentur, die nach dem Motto „Wir leben Slogans“ arbeitet? Jedenfalls ist die Idee schwer angesagt, ganz viel Leidenschaft und eine höchst intensive Identifikation auszudrücken, indem man dem Verb „leben“ ein passendes Akkusativobjekt verpasst.

„Wir leben Handwerk.“

„Wir leben Autos“ (jedenfalls besser als „in Autos“, oder?). Und natürlich: „Wir leben Fußball.“

Wann schreibt der erste Metzger den Spruch „Ich lebe Leberwurst“ an seine Ladentür? Was wäre von einem skrupellosen Henker zu halten, der mit dem Spruch „Ich lebe Tod“ auf seine Tätigkeit hinweist? Sollte auch ich mich dazu durchringen, beim nächsten Redaktionstreffen einfach mal den Satz „Ich lebe Texte“ hinauszuschleudern, um den Kolleginnen und Kollegen zu zeigen, wer hier wirklich brennt für den Journalismus?

Ach, das lasse ich lieber. Weil ich Bescheidenheit lebe? Nein: Ich lebe – das ist erstaunlich genug.